Wollte Kinder «nicht am Wegrand stehenlassen»
Schulbus-Chauffeur überrollt Velofahrer und fährt weiter

Beim Abbiegen fährt ein St. Galler Busfahrer über etwas Hartes. Zunächst denkt er, es handelt sich um einen Eisklumpen. Doch es ist das Knie eines Velofahrers. Anstatt anzuhalten, fährt der Chauffeur weiter.
Publiziert: 24.07.2023 um 10:44 Uhr
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Aktualisiert: 24.07.2023 um 11:20 Uhr
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An einem verschneiten Morgen überrollte ein St. Galler Busfahrer einen Velofahrer. (Symbolbild)
Foto: Shutterstock

Wer Fahrerflucht begeht, macht sich strafbar. Das musste auch ein Busfahrer aus dem Kanton St. Gallen erfahren. Auf einer Dienstfahrt hatte er einen Mann angefahren. Anschliessend setzte er seine Fahrt wie gewohnt weiter, berichtet das «St. Galler Tagblatt».

Der Mann war Fahrer eines Schulbusses, der Schülerinnen und Schüler zu einer Sonderschule befördert. An einem rutschigen, schneebedecktem Morgen im Februar 2021 ging die Fahrt gehörig schief. Als der Busfahrer links abbog, überrollte er mit dem Hinterrad des Kleinbusses das Knie eines Velofahrers.

Busfahrer begeht Fahrerflucht

Nachdem der damals 74-Jährige im Rückspiegel eine Menschenansammlung bemerkt hatte, hielt der Chauffeur an. Ein Zeuge sagte ihm, er müsse auf die Polizei warten, da er einen Velofahrer überrollt habe. Doch der Fahrer fuhr weiter. Er brachte erst alle Kinder zur Schule und kehrte dann zurück. Seine Begründung: Er habe die Kinder nicht am Wegrand stehenlassen können.

Rund ein Jahr später sprach das Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland den Fahrer der fahrlässigen Körperverletzung und des pflichtwidrigen Verhaltens bei Verkehrsunfall schuldig. Er wurde zu einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen in Höhe von 50 Franken verurteilt und muss 2300 Franken Verfahrenskosten sowie 2800 Franken Parteikosten an das Opfer tragen. Eine stolze Summe, die der Mann nicht bereit war, zu zahlen.

Fahrer denkt, er hat einen Eisklumpen überfahren

Nun verlangte der Mann beim Kantonsgericht St. Gallen einen Freispruch. Bei der Berufungsverhandlung erzählte er laut «Tagblatt», er habe den Velofahrer einige Meter vor der Kurve gesehen und sei sich sicher, dass dieser sich nicht so schnell an der Kurve hätte befinden können. Zudem habe er den Blinker gesetzt und in den Rückspiegel geschaut, bevor er im Schritttempo abbog. Er beteuerte, sich sicher gewesen zu sein, nicht das Knie des Mannes, sondern einen Eisklumpen überfahren zu haben.

Doch sowohl das Opfer als auch ein Zeuge sind sich sicher: Der Busfahrer überrollte das Knie. Auch ein Bericht der Knieverletzung würde darauf hindeuten. Nach einer Bedenkzeit zog der Fahrer seine Berufung schliesslich zurück. (mrs)

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