Darum gehts
- Somalier prügelte Freundin zu Tode und wurde verurteilt – jetzt ist er verschwunden
- Aman K. legte Berufung ein, forderte Freisprüche und mildere Urteile
- 14 Jahre Haft und 5 Jahre Landesverweisung wurden ursprünglich verhängt
Mit Fäusten, Stangen und Stöcken hat der Somalier Aman K.* (heute 28) über Monate hinweg auf seine Freundin Lorena P.* (†22) in Buchs SG eingeprügelt – bis diese im Februar 2021 ihren schweren Verletzungen erlag. Die junge Mutter starb an inneren Blutungen und einer Embolie.
Nach dem erstinstanzlichen Urteil müsste Aman K. im Knast sitzen. Dies wegen vorsätzlicher Tötung, mehrfacher schwerer und mehrfacher einfacher Körperverletzung. Doch der Somalier legte Berufung ein – und wurde auf freien Fuss gesetzt! Am Dienstag sollte er zu seiner Berufungsverhandlung vor dem Kantonsgericht St. Gallen antraben. Gemäss Blick-Informationen ist Aman K. stattdessen untergetaucht. Warum wurde der Totschläger auf freien Fuss gesetzt?
Der Prozess
Rückblick: Im November 2022 musste sich Aman K. vor dem Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland verantworten. Die Verhandlung in Mels SG war emotional. Nicht selten gab es im Gerichtssaal Tränen. Die Staatsanwaltschaft forderte 12 Jahre Gefängnisstrafe. Das Gericht ging in seinem Entscheid gar weiter: Es verurteilte den Somalier zu 14 Jahren Knast. Zudem verhängten die fünf Richterinnen und Richter eine Landesverweisung von fünf Jahren.
Aman K. versuchte vor Gericht zunächst, seine Verantwortung zu mindern, und liess dabei tief blicken: «Ich hätte nicht gedacht, dass sie wegen solcher Schläge sterben kann.» In seinem Schlusswort sagt er dann immerhin: «Ich schäme mich wirklich für das, was ich getan habe.»
Von Aman K. fehlt jede Spur
Mit im Gerichtssaal damals: zwei Polizisten der Kantonspolizei St. Gallen. Die meisten der Anwesenden gingen davon aus, dass diese dazu da waren, Aman K. nach dem Schuldspruch abzuführen und in Sicherheitshaft zu stecken. Doch weit gefehlt. Er spazierte nach dem Schuldspruch als freier Mann aus dem Gerichtssaal.
Zusammen mit seinem Anwalt legte er Berufung gegen das Urteil des Kreisgerichtes ein. Er forderte unter anderem Freisprüche vom Vorwurf der mehrfachen schweren Körperverletzung und der vorsätzlichen Tötung. Auch die Landesverweisung focht er an. Stattdessen verlangte er Schuldsprüche wegen mehrfacher einfacher Körperverletzung, mehrfacher fahrlässiger (schwerer) Körperverletzung und fahrlässiger Tötung. Darüber hätte das Kantonsgericht am Dienstag entscheiden müssen.
Haftbefehl ausgestellt
Doch die Verhandlung am Kantonsgericht wurde kurzfristig und ohne Angabe von Gründen abgesagt. Aktiv informierte das Gericht zunächst nicht über die Absage. Blick musste mehrmals über zwei Tage hinweg nachfragen. «Der aktuelle Aufenthaltsort von Aman K. ist nicht bekannt. Das Kantonsgericht hat deshalb einen Haftbefehl ausgestellt», hiess es dann schliesslich am Dienstagnachmittag.
Das Nicht-Erscheinen von Aman K. hat auch Konsequenzen auf seine Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil, wie Kantonsrichter Tom Frischknecht ausführt: «Es bleibt bei den vom Kreisgericht ausgesprochenen Schuldsprüchen wegen vorsätzlicher Tötung, mehrfacher schwerer und mehrfacher einfacher Körperverletzung sowie Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes. Gleiches gilt für die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren und zu einer Busse von 100 Franken sowie betreffend die Anordnung der Landesverweisung von fünf Jahren.» Und weiter: «Es steht Aman K. offen, gegen den Entscheid des Kantonsgerichts ans Bundesgericht zu gelangen.»
Keine Ersatzmassnahmen
Aman K. sass lediglich vom Februar 2021 bis Oktober 2021 – 248 Tage – in U-Haft. Seither war er in Freiheit, und es kam nicht zu einem weiteren Haftverfahren. Die Entscheidung darüber, ob bei Aman K. Fluchtgefahr besteht, traf damals zweitinstanzlich die verantwortliche Anklagekammer – also noch bevor sich der junge Mann erstmals vor Gericht verantworten musste. Dabei kam es offensichtlich zum folgenschweren Fehlentscheid.
Die damals vorsitzende Richterin des Kreisgerichts Werdenberg-Sarganserland, Christine Studer, erklärt auf Blick-Anfrage am Dienstag, dass Aman K. bereits im Untersuchungsverfahren – rund fünf Monate vor Anklageerhebung – aus der Untersuchungshaft entlassen wurde. Warum der Somalier nach dem Urteil nicht in Sicherheitshaft genommen wurde, erklärt Studer mit der Schweizer Rechtssprechung: «Das Aufrechterhalten von Untersuchungs- und/oder Sicherheitshaft ist nur möglich, wenn die dafür gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen gegeben sind. Es müssen also Haftgründe vorliegen.» Wie Blick weiss, wurden auch keine Ersatzmassnahmen angeordnet.
Aktuell weiss niemand, wo sich Aman K. aufhält – und ob er seine Strafe jemals absitzen muss.
* Namen geändert