«Sie haben bei mir ein Hausverbot, darum sind Sie bei mir nicht dabei.» Diese Worte entfuhren FDP-Stadtpräsident von Rorschach und Kantonsrat Robert Raths (62) am 29. März 2022 an einer Info-Veranstaltung vor 250 Anwesenden.
Verleumdung taxierte die Staatsanwaltschaft St. Gallen per Strafbefehl schon im September 2022. Sie verhängte eine Geldstrafe von 2250 Franken, aufgeschoben zugunsten einer zweijährigen Probezeit, und eine Busse von 450 Franken. Die Kosten der Untersuchung sollte ebenfalls Raths bezahlen. Ausserdem gibt es einen Eintrag ins Strafregister. Doch Raths wehrte sich und legte Rekurs ein, darum kommt es am Freitag vor dem Kreisgericht Rorschach zum Showdown.
Rufschädigung des unbequemen Bürgers
Gerichtet waren die Worte am Schluss eines Stadt-Apéros zum Thema Finanzen und Stadtentwicklung an Thomas F.* (46), ein Programmierer, im gefüllten Rorschacher Stadthofsaal vor 250 Bürgerinnen und Bürgern. Gemäss Staatsanwaltschaft soll Raths mit dem Satz «Sie haben bei mir ein Hausverbot» in Kauf genommen haben, den Ruf von Thomas F. zu schädigen. Denn ein Hausverbot gegen Thomas F. hat es nie gegeben.
Er wollte Raths an diesem Abend zur Rede stellen, weil er sonst nicht mehr an den Stadtpräsidenten herankam, sagt dieser gegenüber Blick. Beim letzten Traktandum «Fragen/Diskussion» ergriff er das Mikrofon. «Aber bevor ich sprechen durfte, machte Raths diese Äusserungen.»
F. versuchte mehrmals, Raths Aufmerksamkeit auf sich zu lenken
F. trat schon etliche Male mit seinem Anliegen an den Stadtpräsidenten heran, erzählt er Blick. Er moniert, dass die Gemeinden im Kanton St. Gallen im Falle einer Fremdplatzierung eines Kindes von dessen Eltern mehr als die empfohlenen 25 Franken am Tag einsacken dürfen. Für F. ist das persönlich bedeutend, denn seine Partnerin sei genau deswegen finanziell und psychisch gebeutelt.
Von Raths fordert er, dass dieser sich an seine Aufsichtspflicht hält und diese Thematik im Auge hat. «Das ist eine private Angelegenheit, das ist ein pendenter Fall», sagt der Stadtpräsident im Video. Kurz darauf lässt er sich zur Aussage hinreissen, die ihn nun verfolgt.
«Hahnenkampf» tobt schon länger
Blick-Recherchen ergaben, dass zwischen Raths und Thomas F. schon länger eine Schlammschlacht tobt. «Ein Hahnenkampf», wie es F. nennt. Dem Wortgefecht von der Bühne ging eine Strafanzeige wegen übler Nachrede und Beschimpfung voraus. So soll F. dem Stadtpräsidenten und anderen Kantonsräten immer wieder Mails geschrieben haben.
Darin soll F. Raths unter anderem als einen Stadtpräsidenten dargestellt haben, der «auf den Schwächsten der Schwachen herumtrampelt». F. selbst wurde in die Nähe einer Protestbewegung gerückt, die «Lügner und Gesetzesbrecher in Führungspositionen neutralisieren» wollten. Schliesslich gab es für F. eine Verurteilung wegen übler Nachrede und Beschimpfung. Er zog das Urteil aber ans Kantonsgericht St. Gallen weiter. Einen Verhandlungstermin gibt es noch nicht. «Dass es für Raths unbequem wird, wird sich nicht vermeiden lassen», sagt Thomas F. kampfeslustig.
Star-Verteidigung für den Stapi
In puncto Verteidigung geht Stadtpräsident Raths auf Nummer sicher. Er lässt sich vor Gericht von Partei- und Kantonsratskollege Walter Locher verteidigen. Der 68-jährige Anwalt gab erst vor einem Monat bekannt, dass er nach 21 Jahren im Kantonsrat nicht zur Wiederwahl antreten wird – er will sich auf seine Tätigkeit als Anwalt konzentrieren.
Robert Raths wollte sich gegenüber Blick nicht zur Gerichtsverhandlung äussern.
*Name geändert