Der Feuerteufel von Schmerikon SG kommt hinter Schloss und Riegel. Wieder. Am Dienstag eröffnete das Kreisgericht See-Gaster in Uznach SG das Urteil: schuldig in fünf von acht Fällen von Brandstiftung – drei Jahre und einen Monat Freiheitsstrafe. Fünf Brände gab er zu, bei den verbleibenden drei konnten die Richter nicht zweifellos nachweisen, dass Tobias G.* sie gelegt hatte.
Zusätzlich zur Gefängnisstrafe kriegt G. die «kleine Verwahrung». Diese stationäre Therapie soll sicherstellen, dass er irgendwann wieder auf den richtigen Weg kommen kann.
Gefasst nahm der 36-Jährige das Urteil auf. «Es tut mir für alle Geschädigten leid. Ich würde es gerne rückgängig machen», sagte er während der Gerichtsverhandlung. Einige Male versagte ihm die Stimme, er brach in Tränen aus.
Eigene Brände gelöscht
Autos, Lieferwagen, Gartenhäuschen, ein Toitoi-Klo und ein Wohnwagen fielen dem Brandstifter zum Opfer. Meist befand er sich nach Ausbruch der Brände in der Nähe, zog sich die Uniform der freiwilligen Feuerwehr über und eilte zu Hilfe. Er löschte seine eigenen Brände.
Recherchen von Blick zeigten: Der Mann war schon einmal wegen Brandstiftung hinter Gittern. 2007 trieb er in der Zürichsee-Gemeinde Meilen ZH sein Unwesen und sorgte dafür, dass unter anderem ein Segelboot und ein Lastwagen in Flammen aufgingen. Auch hier löschte G. seine eigenen Brände und landete im Knast.
Nun wandert der Wiederholungstäter abermals ins Gefängnis. Doch die Frage nach dem Warum wurde auch am Dienstag nicht abschliessend geklärt. «Private Probleme, finanzielle Probleme, Probleme mit der Freundin», führt G. ins Feld. Er habe ein Problem mit emotionaler Abhängigkeit und Mühe, seine Bedürfnisse zu äussern.
Eine Ex-Freundin des Verurteilten sagt in der Pause zu Blick: «Er ist kein böser Mensch. Er ist überfordert und kann nicht über seine Gefühle reden.» Ähnlich sieht das auch seine Mutter, wie sie gegenüber Blick im Vorfeld des Prozesses sagte: «Wenn er Probleme hat und das Fass überläuft, kommt Mist dabei raus.»
Seine Entscheidung, wieder in die Feuerwehr einzutreten, sei im Nachhinein verheerend gewesen: «Die Feuerwehr ist ein Hobby, das bei mir nicht gut kommt.»
Keine weitere Chance
Deswegen war es für das Gericht von Anfang an klar, dass Tobias G. ins Gefängnis gehört. Nachdem er den 36-Jährigen verurteilt hatte, sagte der vorsitzende Richter: «Wir sind nicht bereit, Ihnen noch eine letzte Chance zu geben.»
Die hohen Verfahrenskosten von 65'000 Franken muss zu drei Vierteln der Verurteilte berappen – ein Viertel übernimmt der Staat.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
* Name geändert
Der Liveticker zum Nachlesen:
«Wir sind nicht bereit, Ihnen noch eine letzte Chance zu geben»
Der Richter wendet sich direkt an den Verurteilten: «Wir sind nicht bereit, Ihnen noch eine letzte Chance zu geben.» Damit ist die Urteilsverkündung beendet. Wir danken für die Aufmerksamkeit.
«Wir sind ziemlich erschrocken»
Die Verfahrenskosten sind hoch. Fast 65'000 Franken kostet der Brandstifter die Steuerzahlenden. «Da sind wir selber ein bisschen erschrocken», sagt der Richter. Tobias G. muss dreiviertel davon selber bezahlen. Ein Viertel der Kosten trägt der Staat.
«Wir hätten keinen teilbedingten Vollzug zugelassen»
Der Richter drückt sich klar aus: «Wir hätten keinen teilbedingten Vollzug zugelassen, auch nicht bei weniger Monaten Freiheitsstrafe. Dafür ist die Prognose zu schlecht.» Die Richterinnen und Richter sind der Auffassung, dass die Rückfallgefahr bei Tobias G. zu gross ist. Auch für den psychologischen Gutachter sei klar, dass eine ambulante Massnahme schlicht nicht ausreicht. «Ein Zusatzgutachten ist nicht nötig.»
Der Richter erklärt das Urteil
«Wir waren uns nicht ganz sicher», sagt der vorsitzende Richter. Bei drei der acht Fälle – der Kellerbrand, der Brand eines BMWs und die Brandstiftung bei zwei Privatautos von Polizisten – konnten die Richter bei ihrer Beratung nicht komplett sicher sein, dass G. die Brände gelegt hatte. Deshalb gab es dort einen Freispruch. Auch sind sich die Richter einig, dass G. die Brände nicht geplant hatte.
Das Urteil wird eröffnet
Schuldig! Tobias G. muss gut drei Jahre in den Knast – unter Anrechnung des vorzeitigen Massnahmen- und Strafvollzugs. Er nimmt das Urteil gefasst auf. Tobias G. wird der mehrfachen Brandstiftung in fünf der acht Fälle schuldig gesprochen. Das Gericht ordnet zudem eine stationäre Behandlung an.
Urteil um 13.30 Uhr
Der vorsitzende Richter unterbricht die Verhandlung. Um 13.30 wird das Urteil am Kreisgericht See-Gaster mündlich verkündet. Blick meldet sich pünktlich zurück.
Tobias G. hat das letzte Wort
«Es tut mir für alle Geschädigten leid. Ich würde es gerne rückgängig machen. Ich will mir Hilfe holen», sagt Tobias G. Wieder hat er Tränen in den Augen und schnieft. Er nickt dem Richter zu. Mehr hat er nicht zu sagen.
Verteidiger darf noch einmal ran
«Wir bestreiten nicht, dass die Ermittlungen nicht pflichtgemäss geführt wurden. Wir sagen nur, dass es schwache Hinweise und Indizien gibt. Mehr nicht», sagt der Verteidiger. Die drei Fälle, die der Beschuldigte abstreitet, sollen seriös geprüft werden.
Der Verteidiger ist gewillt, sogar eine stationäre Therapie in Anspruch zu nehmen, sollte das psychologisch notwendig sein würde. Damit will er demonstrieren, wie willig Tobias G. ist, sich zu bessern.
Zweiter Vortrag Staatsanwaltschaft
Die Staatsanwaltschaft darf noch einmal antworten. Dass es für die drei nicht eingestandenen Brände keine direkten Beweise gibt, gibt er unumwunden zu. Die indirekten Beweise wie Standortauswertung und dergleichen seien aber ausreichend, ihm auch diese Brände anzulasten. Auch beim Kellerbrand hat der Staatsanwalt Einwände. Es sei sehr wohl möglich gewesen, zwischen den Holzlatten hindurch etwas brennendes hineinzulegen.
«Grosse Fragezeichen» habe die Staatsanwaltschaft bei der Frage, ob der Beschuldigte tatsächlich in der Lage sei, sich zu bessern. Er habe in der heutigen Verhandlung gezeigt, dass er offenbar nicht selber in der Lage ist, für seine eigenen Taten geradezustehen. «Es waren immer andere, die daran schuldig sein sollen.» Die Anträge der Verteidigung seien allesamt abzuweisen. Damit ist die Staatsanwaltschaft am Schluss ihrer Vorträge.
Verteidiger sorgt für Stirnrunzeln
Der Verteidiger lässt überdies kein gutes Haar an den Beweisen der Anklage. Schrittmessung und Standortauswertung seien nicht aussagekräftig. Sie seien ungenau und würden, folge man der «in dubio»-Argumentation, nicht für eine Verurteilung ausreichen.
Doch dann sorgt der Verteidiger für schräge Blicke und Stirnrunzeln. «Er kam schlicht und einfach nicht in dieses Kellerabteil rein! Ausser, er wäre 10 Zentimeter breit und hätte sich zwischen den Holzlatten hindurchzwängen können.» Das Kellerfenster sei ebenso verschlossen gewesen. «Man sollte nicht meinen Mandanten für andere, noch nicht aufgeklärte Brände verantwortlich machen.» Die anwesenden Polizisten schütteln beim Vortrag des Verteidigers immer wieder ungläubig den Kopf.
Er fordert für seinen Mandanten eine mildere Strafe: «52 Monate sind aus unserer Sicht zu hoch. Der Beschuldigte ist im Verfahren sehr kooperativ.» Glaubhaft sei es zudem, dass sein Mandant nie geplant vorgegangen war. «Er hat irgendwo Papier aufgehoben. Da kann man nicht von einem Plan sprechen.»
«Maximal drei Jahre», sagt er zur Strafzumessung (unter Anrechnung des vorzeitigen Strafvollzugs). Mehr sei aus einer Sicht nicht angezeigt. Bezüglich Massnahmen will der Verteidiger verhindern, dass sein Mandant in eine stationäre Behandlung begeben muss. «Er sieht sich selber in einem ambulanten Setting.» Der Anwalt will erreichen, dass Tobias G. bald freikommt, die Gefängnisstrafe soll zugunsten einer ambulanten Behandlung aufgeschoben werden.