Es hätte ein schöner Hüttenplausch werden sollen – und endete im Drama. Der Tag beginnt bei strahlendem Sonnenschein. Bündner und Glarner Turner messen sich in Grüsch GR in Ski- und Langlaufrennen. Es folgt die Preisverleihung. Einige der Turner haben sich danach für das Vollmondskifahren angemeldet. Sie vergnügen sich bei einem Fondueplausch auf dem Berggipfel, der Bergstation Schwänzelegg auf 1800 Metern über Meer. Danach haben einige wohl eine Nacht-Abfahrt ins Tal geplant.
Einige der Turner schauen bei der fröhlichen Hüttengaudi vor der letzten Abfahrt des Tages allerdings etwas gar tief ins Glas, wie Augenzeugen berichten. «Es wurde gebechert, als gäbe es kein Morgen mehr», sagt eine Kellnerin zu Blick. Für einen Glarner Turner (†23) trifft Letzteres tragischerweise zu: Er macht sich zusammen mit einem Begleiter auf den Weg ins Tal – und stürzt gegen 22.30 Uhr über eine Felswand in den Tod.
Angestellte im Skigebiet sind fassungslos
Die beiden Männer waren unterhalb der Gondelbahn-Mittelstation Cavadura offensichtlich von der Piste abgekommen und hatten so das Skigebiet von Grüsch im Dunkeln unwissentlich verlassen. In einem steilen Waldstück, das sie zunächst durchqueren, verliert der Begleiter den Verunglückten schliesslich aus den Augen.
Dieser stürzt über einen von Bäumen umgebenen Felsen ins sogenannte Pendlatobel. Dort finden kurz darauf die vom Begleiter alarmierten Rettungskräfte den Glarner am Fuss der Felswand leblos auf. Jede Hilfe kommt zu spät. Der Sturz aus einer Höhe von rund 100 Metern war nicht zu überleben.
Im Skigebiet ist die Stimmung seit dem tragischen Unglück gedämpft, aber auch von Unverständnis geprägt. «Der Unfall ist sicher tragisch für die Angehörigen, aber vor allem war er absolut unnötig», sagt ein Bahnmitarbeiter kopfschüttelnd. Und fügt an: «Die beiden Männer haben die abgesperrte Piste ignoriert. Sonst wäre das nicht passiert.»
Absperrungen wurden ignoriert
Denn: An der Mittelstation Cavadura war ein «Gesperrt»-Schild angebracht und ein Zaun aufgestellt worden. Die Teilnehmer des Vollmondskifahrens waren von den Verantwortlichen angewiesen worden, mit der Gondelbahn ins Tal zu fahren. Doch nicht alle hielten sich an diese klare Anweisung.
«Sich abzufüllen und dann im Dunkeln ins Tal zu fahren, ist einfach in jeder Hinsicht verantwortungslos», erklärt ein weiterer Angestellter des Skigebiets. Erst recht gelte das in Grüsch für Auswärtige, die das Gelände nicht gut kennen. Dann könne aus Abenteuerlust und Spass schnell tödlicher Ernst werden.
«Ich bin sehr betroffen und spreche den Angehörigen mein tiefstes Beileid aus», sagt Marcel Bösch, Präsident des Turnverbands Glarus, zu Blick. Das offizielle Programm der Turner sei um 18 Uhr beendet gewesen. Zum Unglück sei es erst mehrere Stunden nach Ende der Veranstaltung gekommen, betont er.