Ein freistehendes Haus, fast schon idyllisch oberhalb von Degersheim SG gelegen. Hier fahren am letzten Mittwoch mehrere Einsatzfahrzeuge der St. Galler Polizei vor. Nachbarn beobachten die Aktion, denken sich aber nichts Böses dabei. Denn: Hausbesitzer Hans K.* (61) kämpfte in letzter Zeit mit gesundheitlichen Problemen.
Anwohner glaubten, Hans K. sei krank
«Wir haben an ein medizinisches Problem gedacht, als die vielen Autos vorfuhren», sagt ein älteres Paar oberhalb des Tatorts. Erst heute lassen die Behörden die Bombe platzen: K. ist nicht krank, sondern sitzt in Untersuchungshaft. Beim Polizeieinsatz, der in Wahrheit eine grossangelegte Hausdurchsuchung war, kam ein Waffenarsenal ans Tageslicht.
Die Beamten finden 280 Waffen, darunter Maschinenpistolen, Mehrzweckgewehre, Schalldämpfer, Revolver sowie 100'000 Schuss Munition! Auch 1,3 Millionen Franken Bargeld, verstreut im ganzen Haus, gehen den Fahndern ins Netz.
In Degersheim waren seine Dienste geschätzt
Neben seiner Tätigkeit ging der Vater von drei Söhnen unauffällig seiner Arbeit nach. Als Sanitär im Heizungsbereich war K. selbständiger Unternehmer und im Dorf geschätzt. «Wir wussten nur, dass er ab und zu einen Karabiner kaufte. Aber unser Nachbar ein Waffenhändler? Unvorstellbar!», sagt eine erschütterte Bekannte.
Die Tarnung von K. schien perfekt zu sein. Niemand in Degersheim schöpfte Verdacht. Auch die Schweizer Behörden dürften ihn nicht auf der Liste gehabt haben. Erst als österreichische Ermittler sich im Sommer bei ihren Schweizer Kollegen melden, wird die Polizei aktiv.
Nach dem Hinweis aus Österreich dauerte es Monate
Den Österreichern war aufgefallen, dass Hans K. Waffen über die Grenze geschmuggelt haben dürfte. Danach waren noch einmal monatelange Abklärungen der St. Galler Kantonspolizei nötig, um genügend Beweise für einen Zugriff in Degersheim zu sammeln.
Noch unklar ist, wohin K. überall verkaufte und wie aktiv er auf dem internationalen Schwarzmarkt war. War der Mann Teil eines grösseren Netzwerks? «Wir stehen erst am Anfang unserer Abklärungen», sagt Gian Andrea Rezzoli, Mediensprecher der Kantonspolizei St. Gallen.
*Name der Redaktion bekannt