Es ist das dramatische Ende einer feuchtfröhlichen Beizentour: Morgens um drei Uhr finden Passanten im Juli 2017 Stefan S.* (39) regungslos vor dem Gemeindesaal von Sirnach TG. «Es sah schlimm aus. Als wir ihn in Seitenlage drehten, sahen wir, dass Blut aus seinem Ohr tropft!», schildert damals ein Anwohner (BLICK berichtete).
Nachdem er von der Rega mit schwersten Kopfverletzungen ins Spital geflogen wurde, liegt Stefan S. zehn Tage im Koma, leidet deswegen heute noch an Epilepsie. An den Vorfall kann sich der Ex-Polizist und Turn-Präsi nicht erinnern. «Es muss ein Knockout-Schlag gewesen sein. Anders kann ich mir das Ganze nicht erklären», sagt S. vor dem Bezirksgericht Münchwilen TG.
Dort sitzt am Dienstag, fast drei Jahre nach dem Streit, Robert F.** (44) wegen schwerer Körperverletzung auf der Anklagebank. Doch der wäscht seine Hände in Unschuld: «Es war einfach ein dummer Unfall», so der Schreiner.
«Ich wollte doch nur mit ihm schwatzen!»
Er sei Stefan S. aus der Beiz gefolgt, weil er ihn zur Rede stellen wollte. «Ich wollte doch nur mit ihm schwatzen, dann ist es auch schon passiert, wir sind beide hingefallen. Er fiel nach hinten auf den Kopf, ich nach vorne.» Wie es zum Sturz kam, kann auch der Angeklagte nicht genau schildern. «Es war eine ganz kurze, dumme Sache», sagt Robert F. Beide seien einfach zu Boden gegangen.
Opfer und mutmasslicher Angreifer waren betrunken und kannten sich vor dem Aufeinandertreffen nicht. S. sei irgendwann nach Mitternacht in der Bar aufgetaucht und habe Leute «dumm angezündet», wie es der beschuldigte Schweizer beschreibt.
«Am Schluss machte er nochmals eine dumme Bemerkung in meine Richtung. Ich wollte die Hintergründe zu seinem Verhalten wissen», erklärt Robert F., weshalb er Stefan S. auf dem Heimweg in dessen nur rund 200 Meter entfernte Wohnung folgte.
Niemand weiss, was vorgefallen ist
Einen Schlag habe es von seiner Seite nicht gegeben. «Ich habe die Welt nicht mehr verstanden, als er plötzlich liegen blieb», so Robert F. Während Passanten Hilfe holen, geht der Thurgauer nach Hause. Erst zweieinhalb Tage später, als die Polizei bereits nach ihm fahndet, stellt er sich.
Er kommt nun mit einem Freispruch davon. «Der Ablauf bleibt völlig unklar. Man weiss nicht, was genau passiert ist», erklärt Richterin Nina Schüler-Widmer. Vom Schlag über den Stolperer bis hin zum Selbststurz des Opfers seien eigentlich alle Versionen denkbar. Man sei deshalb schlicht nicht umhingekommen, im Zweifelsfall für den Angeklagten zu entscheiden.
* Name bekannt
** Name geändert