IV-Betrugsprozess gegen Kosovarin
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Ehepaar vor Gericht:IV-Betrugsprozess gegen Kosovarin

Paar soll 688'000 Franken erschlichen haben – Angeklagte sagt vor Gericht
«Ich bin eine schwerkranke Frau»

Vor dem Kreisgericht Rheintal muss sich ein Pärchen als IV-Betrüger verantworten. Die Frau bestreitet die Vorwürfe vehement, die Staatsanwaltschaft kontert die Ausführungen mit einer Vielzahl an belastenden Indizien.
Publiziert: 28.08.2019 um 19:21 Uhr
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Aktualisiert: 28.08.2019 um 20:05 Uhr
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Bestreitet den IV-Betrug: Miradije F. auf dem Weg zu ihrem Prozess in Altstätten.
Foto: Claudio Meier
Marco Latzer

Miradije F.* (49) will keine IV-Schmarotzerin sein. «Ich bin eine schwerkranke Frau», betont die Kosovarin im Betrugsprozess vor dem Kreisgericht Rheintal. Vom Vorwurf, als Simulantin ab dem Jahr 2003 insgesamt 688'000 Franken zu Unrecht von der IV bezogen zu haben, will sie nichts wissen (BLICK berichtete).

«Da müsste man ja eine Superschauspielerin sein, um jahrelang so viele Ärzte zu täuschen», findet Miradije F. – genau davon ist Staatsanwalt Patric Looser überzeugt. Er spricht von einem «Sozialversicherungsbetrug, wie er dreister nicht sein könnte». F. habe ihre Rolle über Jahre perfektioniert und ihre Existenz auf «schamlosen Betrügereien» aufgebaut.

Lügengebilde fusst auf Autounfall

Der Fall: Im September 2001 ist Miradije F. als nicht angeschnallte Beifahrerin in einen Autounfall verwickelt. Laut Arztbericht zieht sie sich Prellungen an Rückenmark und an der Schulter zu. Die Frau macht starke Schmerzen geltend, die auf psychische Leiden zurückgeführt werden.

Bis 2014 bezieht die gelernte Näherin deswegen eine 100-prozentige IV-Rente samt Zulagen für Kinder und Ehemann. Dann geht bei der Sozialversicherungsanstalt St. Gallen ein anonymer Hinweis ein, wonach Miradije F. gesund sei und in der Versicherungsfirma ihres mitangeklagten Gatten Ahmet F.* (49) arbeite.

Erntehelferin, Gartenfreundin, Shopping-Queen

Darauf wird die Kosovarin von Detektiven und, später, von der Polizei observiert. Sie filmen Miradije F. bei Terminen für die Versicherungsfirma. Als Erntehelferin, auf allen vieren bei Gartenarbeiten. In der Badi und beim Shoppen im Apple-Store.

Dazu kommen Verkehrssünden: So wird die Invalide mit diagnostizierter Belastungsstörung 2014 nachts im San-Bernardino-Tunnel geblitzt – 29 km/h zu schnell!

Laut Anklage war ihr durch den IV-Bezug, die Einnahmen aus der später Konkurs gegangenen Versicherungsfirma und das Einkommen des Mannes ein komfortables Leben möglich. Allein im Jahr 2013 bereiste das Paar die Malediven, Italien, den Kosovo sowie die Vereinigten Arabischen Emirate.

Auch mitangeklagter Mann ist nicht geständig

Miradije F. hält trotz aller Indizien an ihrer Krankheit fest. Sie gibt lediglich zu, mit einer befreundeten Therapeutin mit gefälschten Rechnungen ihre Zusatzversicherung abgezockt zu haben. Auch Ahmet F., dem unter anderem betrügerischer Konkurs vorgeworfen wird, ist grösstenteils nicht geständig.

Ihm blühen zwei Jahre bedingt, während seine Gattin gar für 4½ Jahre ins Gefängnis soll. Zudem wurde für beide ein Landesverweis von sechs Jahren beantragt. Das Urteil des Kreisgerichts Rheintal steht noch aus. Es gilt die Unschuldsvermutung.

* Name geändert

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