Neue Zeugen, neue Hinweise, neue Verdächtige – BLICK rollt Fall Ylenia neu auf
Schussopfer von Mörder Von Aesch verstrickt sich in Widersprüche

Für die Polizei und ihn selbst war alles nur ein Zufall. Doch die Geschichte von Walter B. als Randfigur im Fall Ylenia ist eigentlich zu gut, um wahr zu sein. Nun belasten Anwohner das vermeintliche Opfer schwer.
Publiziert: 27.02.2019 um 23:26 Uhr
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Aktualisiert: 28.02.2019 um 14:45 Uhr
  • Walter B. soll von Urs Hans Von Aesch im Hartmannswald bei Oberbüren SG angeschossen worden sein
  • Zur Tat kommt es an dem Ort, an dem 47 Tage später Ylenias (†5) Leiche gefunden wird
  • B. verstrickt sich bei seinen Schilderungen in Widersprüche
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Walter B. will sich mit Ylenias Entführer im Hochsommer über Pilze unterhalten haben. Gegenüber der Polizei fiel er mit widersprüchlichen Aussagen auf.
Foto: Marco Latzer
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Marco LatzerReporter Ostschweiz

Er ist bärtig, wirkt ungepflegt. Einer geregelten Arbeit geht Walter B.* (58) schon lange nicht mehr nach. Seine Verstrickung in den Fall Ylenia nage schwer an ihm, vermuten jene, die ihn kennen. Seither sei es mit ihm rapide abwärts gegangen.

Fast vier Stunden nachdem Urs Hans Von Aesch (†67) Ylenia in Appenzell entführt hat, trifft dieser im Hartmannswald bei Oberbüren SG auf Walter B. Gemäss den Ermittlungsergebnissen handelt es sich um eine absolute Zufallsbekanntschaft. Trotzdem soll Von Aesch nach einem freundlichen Gespräch urplötzlich auf Walter B. geschossen haben.

Mit seinem Revolver gibt er, einen Steinwurf von der Stelle, wo 47 Tage später Ylenias Leiche gefunden wird, mehrere Schüsse auf den mutmasslichen Zeugen ab.

Während sich Von Aesch noch am selben Abend einige Kilometer entfernt in den Kopf schiesst, kommt Walter B. wie durch ein Wunder mit dem Leben davon.

Die Revolvergeschichte vom Hartmannswald

Ihm gelingt im Zickzack-Sprint die Flucht vor dem Kugelhagel! B. lässt sein eigenes Auto im Wald zurück, hält eine Autofahrerin an und lässt sich angeschossen ins Spital nach Flawil SG fahren. Dort wird ihm, wie der damalige Kripochef Bruno Fehr (†57) noch Jahre später in einer Fachzeitschrift berichtet, ein «Steckschuss im Brustbereich» operativ entfernt.

Gegenüber BLICK betont B. heute aber, das Projektil habe ihn in der Hüftgegend getroffen. «Von Aesch hat ohne Vorwarnung etwa fünf Mal auf mich geschossen», so B. Dass er bei einer versuchten Exekution aus zwei Metern mit einem Hüftschuss davongekommen sein soll, wirft Fragen auf.

«Von Aesch war wohl kein sehr guter Schütze», lautet die Erklärung von Walter B. Zuvor will er mit dem Ylenia-Entführer noch einen freundlichen Schwatz abgehalten haben. «Von Aesch sagte zu mir, hier rieche es so gut nach Pilzen. Mein Vater hat sie selbst gerne gesammelt, deshalb konnte ich mitreden.»

Ein Aufeinandertreffen, aber viele Versionen

Nur: Ylenias Entführung war am 31. Juli 2007. Weshalb es mitten im Hochsommer im Hartmannswald nach Pilzen gerochen haben soll, kann oder will Walter B. nicht beantworten.

Der Junggeselle gibt etliche verschiedene Erklärungen ab, wie es zum Aufeinandertreffen mit Von Aesch im Wald gekommen sei. Zur Polizei sagt er anfänglich, er habe bloss ein Nickerchen gemacht. Bekannten erzählt er von einem Spaziergang.

Walter B. war am Vormittag allerdings Zeuge eines blutigen Auto-Crashs. Hat gar den Verkehr geregelt. Danach sei er für kurze Zeit nach Hause gefahren, dann aber wieder an die Unfallstelle unweit des Waldes zurückgekehrt. «Dass ich darauf im Wald Von Aesch begegnet bin, ist purer Zufall. Schliesslich habe ich ihn ja nicht gekannt», behauptet B.

Zeuge sagt: Opfer und Von Aesch kannten sich

Zeugen widersprechen dieser Behauptung heute gegenüber BLICK klar. «Sicher haben die sich gekannt. Und zwar schon viele Jahre lang!», sagt Nachbar Franz T.** (61). «Einmal war ich mit Walter und Von Aesch sogar gemeinsam auf Montage!» Immer wieder habe er den weissen Renault Trafic mit spanischem Kennzeichen im Quartier beobachtet.

Auch die damalige Nachbarin Hildegard V.** (77) erinnert sich: «Am Tag von Ylenias Entführung stand ein weisser Kastenwagen vor unserer Scheune. Er hatte eine spanische Nummer dran. Ich bin mir sicher, dass es jener von Von Aesch war!»

Die Ermittler sollen das Haus von Walter B. zwar zweimal durchsucht haben, sein Umfeld scheint aber nur ungenau abgeklärt worden zu sein. Fakt ist: Bis heute wurden beide Nachbarn des Schussopfers von der Polizei nicht befragt.

Ob sich das jetzt ändert? Gegenüber BLICK betonen alle Auskunftspersonen, der Polizei für Fragen zur Verfügung zu stehen.

*Name bekannt

**Name geändert

Die Chronologie im Fall Ylenia

31. Juli 2007, 9.20 Uhr: Ylenia Lenhard wird vor dem Hallenbad von Appenzell entführt.

31. Juli 2007, 13.28 Uhr: Die Polizei erhält einen Notruf aus Oberbüren SG. Im Hartmannswald seien Schüsse gefallen. Walter B. (damals 46) wurde von einem Unbekannten angeschossen.

31. Juli 2007, 19.15 Uhr: Beim Billwilerwald, einige Kilometer entfernt, wird ein weisser Kleinbus gefunden. Ein solcher war zuvor auch bei der Schiesserei gesehen worden.

1. August 2007, vormittags: Polizisten finden unweit des abgestellten Fahrzeugs eine Leiche. Es handelt sich um dessen Besitzer Urs Hans Von Aesch, der Selbstmord begangen hat.

1. August 2007, nachmittags: Ermittler bringen Von Aesch mit dem Verschwinden Ylenias in Verbindung, da sein Kleinbus auch in Appenzell gesehen wurde.

1. August 2007, abends: Eine Anwohnerin findet im Bereich Billwil bei Oberbüren den Rucksack von Ylenia. Darin sind ihre Kleider. 

2. August 2007: Polizisten und Private beginnen intensiv die Wälder rund um Oberbüren zu durchsuchen. Erfolglos.

15. September 2007, 12.11 Uhr: Simon Kuhn (damals 28) informiert die Polizei. Er hat im Hartmannswald Ylenia gefunden. Sie ist tot.

31. Juli 2007, 9.20 Uhr: Ylenia Lenhard wird vor dem Hallenbad von Appenzell entführt.

31. Juli 2007, 13.28 Uhr: Die Polizei erhält einen Notruf aus Oberbüren SG. Im Hartmannswald seien Schüsse gefallen. Walter B. (damals 46) wurde von einem Unbekannten angeschossen.

31. Juli 2007, 19.15 Uhr: Beim Billwilerwald, einige Kilometer entfernt, wird ein weisser Kleinbus gefunden. Ein solcher war zuvor auch bei der Schiesserei gesehen worden.

1. August 2007, vormittags: Polizisten finden unweit des abgestellten Fahrzeugs eine Leiche. Es handelt sich um dessen Besitzer Urs Hans Von Aesch, der Selbstmord begangen hat.

1. August 2007, nachmittags: Ermittler bringen Von Aesch mit dem Verschwinden Ylenias in Verbindung, da sein Kleinbus auch in Appenzell gesehen wurde.

1. August 2007, abends: Eine Anwohnerin findet im Bereich Billwil bei Oberbüren den Rucksack von Ylenia. Darin sind ihre Kleider. 

2. August 2007: Polizisten und Private beginnen intensiv die Wälder rund um Oberbüren zu durchsuchen. Erfolglos.

15. September 2007, 12.11 Uhr: Simon Kuhn (damals 28) informiert die Polizei. Er hat im Hartmannswald Ylenia gefunden. Sie ist tot.

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