Nach der Festnahme von R.V. (52) steht die Polizei vor einer schweren Arbeit
«Pädophilie-Ermittlungen sind sehr belastend»

In Steinach SG scheint die Polizei dem dunklen Doppelleben des Gemeindeschreibers R.V. auf die Schliche gekommen zu sein. Für die Ermittler eine schwierige und aufreibende Arbeit.
Publiziert: 15.11.2019 um 10:53 Uhr
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Aktualisiert: 15.11.2019 um 10:54 Uhr
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Wegen Pädophilie-Verdachts festgenommen: R.V.
Foto: Zvg
Andrea Cattani

Als am Mittwochmorgen die Polizeiautos beim Büro des Steinacher Gemeindeschreibers R.V.* (52) vorfahren, herrscht bei den übrigen Mitarbeitern im Gebäude Ratlosigkeit. «Völlig aus dem Nichts» sei für sie der Eingriff gekommen, sagt Gemeindepräsident Roland Brändli. Seither ist das Büro im zweiten Stock der Gemeindeverwaltung leer.

Die Ermittler haben zu diesem Zeitpunkt schon ein ganzes Stück Arbeit hinter sich. Oft werden sie durch Zufall auf eine verdächtige Person aufmerksam. Sogar bei Verkehrskontrollen ist es schon vorgekommen, dass Hinweise entdeckt und danach Pädo-Ermittlungen aufgenommen werden konnten. Bei R.V. lautet der Verdacht auf Herstellung und Zugänglichmachung illegaler Pornografie im Internet und sexuelle Handlungen mit Kindern.

Mehrere Pädo-Fälle in der Ostschweiz

Bevor es zu einer Festnahme wie jener in Steinach SG kommt, braucht es handfeste Beweise. «Man kämpft mit enormen Datenmengen. Es müssen be- und entlastende Beweise für oder gegen einen Beschuldigten gesammelt werden», erklärt Florian Schneider von der St. Galler Kantonspolizei.

Gerade in St. Gallen sorgten in den letzten Monaten gleich mehrere Fälle von Pädophilie für Aufsehen. 2018 wurde mit Andreas Z.* der Ex-Gemeindepräsident von Berneck SG verurteilt. Der frühere FDP-Politiker soll im Internet gegenüber Mädchen richtige Folterfantasien geäussert haben. Und zu Beginn dieses Jahres musste mit Michael Hugentobler gar ein St. Galler Parteikollege von CVP-Politiker R.V. seine Ämter niederlegen, weil er wegen Pornografie und versuchter sexueller Handlungen mit Kindern verurteilt wurde.

Aus der Kriminalstatistik lasse sich die Ostschweiz aber nicht als Pädophilen-Hotspot ausmachen, beteuert Schneider. Für ihn sind die aufgedeckten Fälle viel mehr Ergebnis der guten Polizeiarbeit. «Wir sind extrem gut vernetzt – in der Schweiz und international.»

«Man sieht Bilder, die man nicht sehen will»

In Fällen wie jenem von R.V. werden die Ermittler meist auch vom Bundesamt für Polizei (Fedpol) unterstützt. Dadurch kann die Polizei gar auf Informationen von in den USA gemeldeten Providern zurückgreifen. Über automatisierte Suchalgorithmen werden dann beispielsweise auch E-Mail-Konten auf verdächtige Inhalte durchleuchtet.

Eine langwierige und mühsame Arbeit, die höchste Präzision verlangt. Und: «Die Pädophilie-Ermittlungen sind sehr belastend für die Polizisten», sagt Florian Schneider weiter. Sie sehen Bilder und Vorgänge, die man nicht sehen will.»

Noch wird nur gegen eine Person ermittelt

In der Schweiz gibt es mehrere Polizisten, die sich auf die Ermittlungen im Pädophilie-Bereich spezialisiert haben. Doch auch ihnen kann nicht zugemutet werden, ausschliesslich in diesem Gebiet zu arbeiten. Schneider: «Gerade im Hinblick auf die persönliche Belastung der Mitarbeitenden wird darauf geachtet, dass ihnen nach Abschluss eines Ermittlungsverfahrens im Pädo-Bereich eine Untersuchung in einem anderen Bereich zugeteilt wird.»

Beim Steinacher Gemeindeschreiber R.V. wurden unmittelbar nach der Festnahme Handy und Computer beschlagnahmt. Auf den Datenträgern wartet nun also noch weitere, schwere Arbeit auf die Polizisten. Laut St. Galler Staatsanwaltschaft wird zum jetzigen Stand nur gegen eine Person ermittelt. Das könne sich aber im Laufe der Ermittlungen auch noch ändern.

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