Der 3. Januar 2015 wurde für Roland Stebler (61) zum Glückstag: In der ersten Lottoziehung des Jahres gewinnt er eine Million Franken. «Das war wunderschön, ich konnte mein Glück kaum fassen.»
Mit seinem Gewinn plant er schöne Ferien in Fernost. Doch das Steueramt an seinem Wohnort Arbon TG macht ihm schnell klar: Der Genuss kommt erst nach den Steuern. Stebler erinnert sich: «Der Steuerkommissär sagte zu mir: ‹Hätten Sie nicht im Lotto gewonnen, würden Sie uns am Allerwertesten vorbeigehen!›»
Dieses «geldgeile Verhalten der Thurgauer» habe ihn motiviert, den Wohnsitz zu wechseln, sagt der Lotto-Millionär. Seine Wahl fällt auf Freienbach SZ, wo sich gegenüber Arbon 120'000 Franken an Steuern sparen lassen.
Er zog in eine Schwyzer WG
Doch die Thurgauer Behörden werden misstrauisch, kaufen Stebler nicht ab, dass er seinen Lebensmittelpunkt tatsächlich in den Kanton Schwyz verlegt hat.
Erst recht nicht, dass der Millionär dort in eine WG gezogen sein soll. Dazu kommt, dass Stebler einräumt, sich weiterhin regelmässig in Arbon aufzuhalten. «Das ist ja völlig normal. Ich habe Freunde und Familie dort. Meine Mutter lag damals im Sterben», erklärt der Betroffene.
Die Justiz glaubt ihm nicht. Stebler unterliegt im März vor Bundesgericht (BLICK berichtete). Aus dem Urteil geht der Vorwurf Steblers hervor, wonach relevante Belege aus dem Jahr 2015 «spurlos verschwunden» seien, auf den sich die Richter aber nicht einlassen.
Nach Abschluss des Verfahrens tauchen Beweise wieder auf
«Ich habe Einkaufsquittungen und weitere Beweise gesammelt, die meine Anwesenheit in Freienbach belegen und habe diese im Original eingereicht», beteuert Stebler. Als er nach seiner Gerichtspleite im Anwaltsbüro die Unterlagen seines Falls abholt, tauchen die «verschwundenen» Beweise wieder auf.
Den Dokumenten liegen gar die Originalcouverts der von Stebler versandten Einschreiben bei. Auch finden sich Beweise mit Eingangsstempeln und persönlichen Notizen eines Beamten. Dadurch erfährt Stebler, wer ihn nach seinem Gewinn anonym beim Fiskus angeschwärzt hat. Der Millionär klagt an: «Das ist ein Skandal. Wegen der fehlenden Beweise hatte ich kein faires Verfahren.»
BLICK fragt bei R. G.*, dem verantwortlichen Steuerbeamten, nach. Er hatte in seiner Eingabe ans Bundesgericht bestritten, dass «nachweislich Belege verschwunden seien». Wie erklärt er sich nun deren Auftauchen? «Dazu gebe ich keine Auskunft», sagt G. Dann legt er auf.
Amtsleiter ist sich keines Fehlers bewusst
Auf Anfrage bestreitet der Chef von R. G., Amtsleiter Martin Rütsche, sämtliche Vorwürfe vehement. Stattdessen äussert er den Verdacht, dass es Steblers Anwalt gewesen sein könnte, der das Dossier nach beantragter Akteneinsicht bei der Steuerrekurskommission nicht weitergeleitet habe. Dort sei das Originaldossier nämlich nicht auffindbar. Zudem betont Rütsche, dass in den Unterlagen keine persönlichen Informationen seines Veranlagungsexperten enthalten seien und die persönliche Signatur auf den Notizen nicht von diesem stammten.
Roland Stebler: «Die haben eiskalt Beweise verschwinden lassen, aber keiner will schuld sein! Das kostet mich letztlich 120'000 Franken mehr an Steuern.» Der Millionär kündigt rechtliche Schritte an.
*Name bekannt