Löst St. Gallen das Politiker-Dilemma?
Spitäler schliessen ohne Abwahl-Angst

Spitalschliessungen bereiten Politikern schlaflose Nächte. Ein neues Modell in St. Gallen könnte das Dilemma lösen.
Publiziert: 09.11.2019 um 23:34 Uhr
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Spitalschliessungen bereiten Politikern schlaflose Nächte. Denn die Regel heisst: Wer Spitäler schliesst, wird abgewählt.
Foto: keystone
Danny Schlumpf

Der politische Druck auf die Akteure im Schweizer Gesundheitswesen nimmt weiter zu. Vor allem sollen sie weniger stationäre und mehr ambulante Behandlungen anbieten – weniger Spitalaufenthalte bedeuten geringere Kosten.

Die Spitäler aber würden dann weniger einnehmen, was die Kantone in ein Dilemma stürzt: Entweder sie unterstützen defizitäre Kliniken, oder sie schliessen sie.

Den Gesundheitsdirektoren beschert dies schlaflose Nächte. Unter ihnen gilt die Regel: Wer Spitäler schliesst, wird abgewählt. Denn in der Bevölkerung herrscht zwar ein breiter Konsens darüber, dass die Schliessung von Spitälern sinnvoll wäre – aber nicht in der eigenen Region!

Nun hat der Regierungsrat des Kantons St. Gallen einen Vorschlag ausgearbeitet, der zum Modellfall werden könnte. Und das Potenzial hat, das Dilemma zu lösen.

Umwandeln statt schliessen

Die Spitäler Wattwil, Flawil, Rorschach, Altstätten und Walenstadt sollen umgewandelt werden: An deren Standorten ist je ein Notfallzentrum mit vier stationären Betten vorgesehen. So soll die medizinische Versorgung sichergestellt werden. Damit steigt auch die Chance, dass die Bevölkerung die Massnahme akzeptiert.

Zurzeit läuft in St. Gallen die Vernehmlassung. Gesundheitsdirektorin Heidi Hanselmann (58) zum Stand der Vorlage: «Einige Regionen werden verständlicherweise mehr stationäre Versorgung fordern, denn eine gute standortspezifische und zeitgemässe Spitalversorgung gehört zum Service public.» Die Regierung werde die Eingaben prüfen und gegebenenfalls berücksichtigen. «Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen.»

Gesundheitsökonom Willy Oggier (54) begrüsst diese Stossrichtung: «Wir brauchen einen flexibleren Spitalbegriff und flexiblere Strukturen.»

Allerdings sei das Modell nicht zu Ende gedacht: «Vier Betten pro Station sind zu wenig. Wenn später klar wird, dass das nicht reicht, muss der Steuerzahler doch wieder mehr bezahlen.»

Ob die Regel, die den Politikern den Schlaf raubt, tatsächlich mit dem St. Galler Modell gebrochen werden kann, muss sich in einem anderen Kanton weisen.

Heidi Hanselmann tritt im Frühjahr zurück.

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