Kutscher Peter Stocker (74) trauert nach Crash mit Auto um seinen Wallach (†23)
«Der Anblick meines sterbenden Hektors nahm mich mit»

Schlimmer Unfall bei einer Kutschen-Rundfahrt in Bad Ragaz SG: Ein Auto kollidiert mit einem Pferd. Das zweite Ross wird mitgerissen, erleidet einen Schock und stirbt. Peter Stocker (74) lenkte die Kutsche. Und musste mitansehen, wie sein Hektor (†23) verstarb.
Publiziert: 03.01.2020 um 20:18 Uhr
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Die Freiberger Wallache Hektor (†23, vorne) und Halbbruder Johnny (21) wurden am Donnerstag in Bad Ragaz in einen schlimmen Kutschen-Unfall verwickelt.
Foto: Dolores Rupa
Nicolas Lurati

Winterzauber im Kurort Bad Ragaz. Am Berchtoldstag sitzen Gäste in einer Pferdekutsche und sehen sich die Sehenswürdigkeiten und die Weihnachtsbeleuchtung an. Eine gemütliche Rundfahrt durchs Dorf, die sogenannte «Lichterfahrt». Die «Rössliposcht» aus dem benachbarten Maienfeld GR führt diese Kutschen-Rundkurse in der Weihnachtszeit und um Neujahr durch.

Für den Freiberger Wallach Hektor (†23) endet eine dieser Lichterfahrten durch Bad Ragaz mit dem Tod. Das betagte Ross stirbt am Abend des 2. Januars.

Eine Stunde früher: Kutscher Peter Stocker (74) lenkt das Gefährt mit zwei Pferdestärken durch die Strassen von Bad Ragaz. Die beiden Pferde gehören ihm. In der Kutsche fahren fünf Personen mit.

«Ich zog die Pferde nach rechts»

Dann kommt es zu einem schrecklichen Unfall. Der Kutscher erzählt: «Ich musste an der Einbiegung in die Maienfelderstrasse warten, bevor ich links abbiegen konnte. Von rechts her hielt ein Auto an und wollte mich in die Kolonne in Richtung Bad Ragaz hineinlassen.»

Stocker schaut nach links. Und sieht ein rotes Auto von Bad Ragaz her näherkommen. «Es war etwa 150 bis 180 Meter entfernt. Die Pferde waren zur Hälfte auf der Hauptstrasse. Ich merkte, wie der rote PW nicht abbremste. Ich zog die Pferde nach rechts herum.»

Stocker verhindert durch sein Manöver eine Frontalkollision. Doch es kommt trotzdem zum Crash: Das linke Pferd des Zweiergespanns, Hektors Halbbruder Johnny (21), wird vom roten Auto getroffen. «Durch die Wucht landete Johnnys linke Vorderseite auf der rechten Seite der Motorhaube und der Windschutzscheibe des Autos», sagt der Kutscher.

«Ich redete Hektor gut zu und wollte ihn beruhigen»

Das rechte Pferd im Gespann, Hektor, wird mitgerissen. Stocker: «Hektor fiel durch die Wucht zu Boden. Ich löste ihn vom Wagen. Wenig später stand er auf und wurde von der Strasse weggebracht. Ich redete Hektor gut zu und wollte ihn beruhigen.» Das Tier sackt zusammen. Der Tierarzt kommt und behandelt den greisen Hektor medizinisch. Doch Hektor steht nicht mehr auf.

Stocker: «Er starb knapp eine Stunde nach dem Unfall. Wegen des Schocks und des Alters, wie der Tierarzt sagte. Der Anblick meines am Boden liegenden, sterbenden, jahrelangen treuen Begleiters Hektor hat mich stark mitgenommen und ist für mich wie auch für Johnny ein grosser Verlust.» Johnny hat mehr Glück: Er kommt mit Verletzungen davon.

Pferde trugen Reflektoren

Peter Bantli, Geschäftsführer der Rössliposcht, macht der Unfall wütend: «Es ärgert mich, dass Autofahrer keinen Respekt vor Tieren und keine Geduld haben.» Er merkt an, dass sowohl Kutsche wie auch Tiere gut sichtbar gewesen seien. «An der Kutsche sind LED-Lichter montiert. Die Pferde haben Leucht-Gamaschen an, dazu reflektierende Elemente an Brust, Beinen und Ohren.»

Heute Freitag sowie morgen und am Sonntag hätten weitere Lichterfahrten stattfinden sollen. Bantli: «Wegen des tragischen Vorfalls von Donnerstagabend wurden jedoch alle weiteren Fahrten abgesagt.»

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