Gefälschte Covid-Zertifikate im grossen Stil: Ausgerechnet ein Mitarbeiter des Kantonalen Impfzentrums (KIZ) in Schaffhausen fertigt für eine Vielzahl von Impfgegnern Zertifikate an! Das illegale Treiben dürfte über mehrere Wochen angedauert haben.
Von Ende September bis Mitte Oktober erhält die Schaffhauser Polizei vom Bundesamt für Polizei (Fedpol) und aus dem Impfzentrum selbst mehrere Hinweise. Der Verdacht erhärtet sich: Ein mit den Impfungen betrauter Mitarbeiter dürfte mehrere Hundert gefälschte respektive inhaltlich unwahre Covid-Impfzertifikate erstellt haben.
Kantonsangestellter verfügte über Vertriebsnetzwerk
Hinter dem Kantonsbediensteten versteckt sich ein regelrechtes Netzwerk. Neben dem Hauptverdächtigen werden fünf Komplizen zwischenzeitlich festgenommen. Sie dürften mitgeholfen haben, Interessenten und Käufer für die falschen Zertifikate zu finden.
Mittlerweile befinden sich noch drei Personen in Untersuchungshaft, wie Schaffhausens Erster Staatsanwalt Peter Sticher gegenüber Blick bestätigt. «Der Beschuldigte verwendete die richtigen Daten von Menschen, die sich impfen liessen. Diese wurden dann abgeändert, um falsche Covid-Zertifikate zu erstellen», so der Strafverfolger.
Bis zu 400 Franken pro Zertifikat
Haupttäter soll ein 20-jähriger Mann sein, sagt Sticher gegenüber «20 Minuten». Er soll im kantonalen Impfzentrum in der Administration gearbeitet haben. Die Zertifikate soll er für bis zu 400 Franken pro Stück verkauft haben – je nach Freundschaftsgrad.
Nach dem Ausdruck der Fälschungen habe der Mitarbeiter die Änderungen rückgängig gemacht, um den Betrug zu vertuschen. Das heisst: Ungeimpfte waren mit Zertifikaten unterwegs, die im Register auf eigentlich geimpfte Personen ausgestellt waren!
Verfälschte Zertifikate innert kürzester Zeit erstellt
Die Betrugsmasche liess sich im Impfzentrum offenbar binnen weniger Sekunden durchführen, sodass die Arbeitskollegen längere Zeit nichts davon bemerkt hätten. «Der Preisrahmen ging von null, also geschenkt, bis hin zu mehreren Hundert Franken», erklärt Sticher.
Will heissen: Der Fälscher dürfte zwar Freundschaftsdienste erfüllt, darüber hinaus aber in erster Linie Gewinnabsichten verfolgt haben. Mit dem Auffliegen des Fälscher-Ringes beginnt für die Strafverfolger nun die aufwendige Jagd nach den Käufern.
Denn die falschen Zertifikate müssen aus dem Verkehr gezogen und deren Besitzer zur Anzeige gebracht werden. Wer wissentlich und willentlich eine solche Fälschung erwirbt und einsetzt, macht sich auch selbst der Urkundenfälschung schuldig.
Angestellte und Impfwillige sind entsetzt
«Ich habe erst heute davon erfahren und bin schockiert, so wie alle im Team. Ich hätte nicht gedacht, dass so etwas bei uns möglich ist», sagt eine Mitarbeiterin des Impfzentrums zu Blick. Eine Seniorin, die für ihre Booster-Impfung angereist ist, bezeichnet die Vorgänge als «unsolidarisch.»
Ein Augenschein beim betroffenen Schloss Charlottenfels, wo sich das KIZ befindet, zeigt: Während der Impf- und Wartebereich zentral im Gebäude liegt, befinden sich zwei Büros in den Seitenflügeln. Die Mitarbeiter arbeiten an jeweils zwei Bildschirmen, die für die Kollegen nicht direkt einzusehen sind. Zeitweise sind sie gar alleine im Raum. Womöglich waren es die perfekten Voraussetzungen für jemanden mit bösen Absichten.