Ein Spitalbesuch, der plötzlich lebensgefährlich wurde. Leukämiepatient Hans Stolz (78) aus Buchs SG hat das in Grabs SG erlebt und klagt an: «Ich war in Behandlung von Ärzten und Pflegern, die mir gar nie richtig zugehört haben!»
Passiert ist es im Juli, als Stolz wegen einer Hautentzündung von seinem Hautarzt zur Sicherheit ins Spital überschrieben wurde. Stolz hat Leukämie im Endstadium – jede Infektion birgt für ihn grosse Risiken.
Im Spital diagnostizieren die Ärzte die Krankheit Wundrose. Ohne gross nachzufragen, hätten sie das Antibiotikum, das vom Hautarzt verschrieben wurde, abgesetzt. Stattdessen verabreichen die Ärzte dem Patienten über eine Infusion Co-Amoxicillin.
Patient wehrt sich vom Krankenbett
«Ein Medikament, das ich als Leukämiepatient nicht einnehmen darf», wie Stolz weiss. Er wehrt sich vom Krankenbett aus, hat Angst. «Doch die haben mir gar nicht richtig zugehört und nur gesagt, dass dieses Antibiotikum bei einer solchen Entzündung Standard sei.»
Und es kommt, wie erwartet: Stolz reagiert sofort darauf. «Plötzlich begann meine Haut an den Armen, Beinen und am Kopf wie verrückt zu beissen. Es war kaum auszuhalten», sagt er.
Wird ein Medikament trotz allergischer Reaktion weiter verabreicht, droht im schlechtesten Fall ein allergischer Schock. Schlimmstes Symptom: Herz-Kreislauf-Kollaps. Behandelt wird in so einer Notsituation unter anderem mit Adrenalin. Pikant: Genau darauf ist Stolz gemäss Austrittsbericht des Spitals ebenfalls allergisch – und die Ärzte wussten davon.
Spital verteidigt Mittel
Ist das Spital Grabs bei Stolz also ein zu grosses Risiko eingegangen? Zum Einzelfall will man im Spital Grabs nichts sagen – mit Verweis auf die ärztliche Schweigepflicht. Im Allgemeinen sei das Co-Amoxicillin bei Leukämiepatienten aber bedenkenlos einsetzbar, sagt Yves Crippa, Chefarzt der Inneren Medizin, zu BLICK. «Dies entspricht den Behandlungsleitlinien.» Auf dem Beipackzettel des Medikaments steht allerdings das Gegenteil.
Jürg Gmür, Facharzt für Leukämie an der Klinik im Park in Zürich, warnt darum: «Wenn Patienten auf ein Antibiotika allergisch reagieren, muss die Therapie sofort unterbrochen oder gar abgebrochen werden.» Der Juckreiz von Stolz direkt nach Einnahme des Medikaments war ein Anzeichen dafür.
Risiko eines anaphylaktischen Schocks
Merkwürdig sei, dass man dem Patienten ausgerechnet das Co-Amoxicillin verabreicht habe, obwohl sich dieser dagegen gewehrt habe. «Da hätte man durchaus zuerst mit Alternativen starten können», sagt Gmür.
Die Grabser Ärzte halten jedoch am Antibiotikum fest. Bei der Entlassung bekam Stolz ein Rezept, mit der Anweisung, das Antobiotikum weitere Tage einzunehmen. Da dauerte der Juckreiz bereits drei Tage und wurde schlimmer und schlimmer.
«Kaum zu Hause, habe ich das Medikament sofort abgesetzt», sagt Stolz. Und sei wieder auf die Alternative ausgewichen, welche ihm der Hautarzt vor dem Spitalaufenthalt im Wissen um seine Leukämie verschrieben hatte.
Stolz hatte Glück: «Die Wundrose ist nun verheilt, der Juckreiz ist schwächer geworden, aber noch immer nicht verschwunden.» Doch das Vertrauen in die Ärzte ist seitdem erschüttert. «Das Schlimmste war, dass ich mit meinen Bedenken bei den Ärzten nie durchdringen konnte», so Stolz.