Jahrelang versuchte Marco Camenisch erfolglos, seine Haftbedingungen zu erleichtern. Seit 1991 sitzt der 63-jährige Bündner ununterbrochen im Gefängnis. Vor drei Jahren lehnte das Bundesgericht eine vorzeitige Entlassung ab, obwohl er fast zwei Drittel seiner Strafe abgesessen hatte. Camenisch habe sich nicht von seinen Gewalttaten distanziert, so die damalige Begründung.
Nun aber scheinen die Behörden ihre Meinung geändert zu haben: Wie das «Regionaljournal» berichtet, erhält Camenisch bald erleichterte Haftbedingungen. Er wird in die Justizvollzugsanstalt Saxerriet verlegt. Dies hat die Fachkommission des Ostschweizer Strafvollzugskonkordats vor zwei Wochen entschieden. Dort sollen ihm künftig auch Hafturlaube genehmigt werden.
Sprengstoffanschlag auf Stromleitungen
Definitiv entlassen werden soll Camenisch im Mai 2018. Fast 10'000 Tage wird der militante Bergler dann in Haft verbracht haben. Zu dieser einzigartig langen Haftstrafe von über 26 Jahren hatte eine Kumulation zweier Freiheitsstrafen in der Schweiz und einer in Italien geführt.
Als entschiedener Gegner der Atomenergie hatte der Bündner vor rund 35 Jahren Sprengstoffanschläge auf Hochspannungsleitungen nahe Bad Ragaz verübt. Dafür wurde er zu einer Zuchthausstrafe von zehn Jahren verurteilt.
1981 gelang Camenisch die Flucht aus der Haftanstalt. Zehn Jahre später wurde er in Italien verhaftet. Dabei kam es zu einer Schiesserei, bei der Camenisch und ein Polizist verletzt wurden. Danach wurde er zu einer zwölfjährigen Freiheitsstrafe verurteilt.
Held der Linksextremen gefeiert
Nachdem er diese Strafe fast vollständig verbüsst hatte, lieferte Italien Camenisch an die Schweiz aus. Das damals noch bestehende Geschworenengericht des Kantons Zürich verurteilte ihn wegen Mordes zu einer Zusatzstrafe von acht Jahren. Ermittlungen hatten ergeben, dass er auf der Flucht 1989 einen Grenzwächter in Brusio GR umgebracht hatte.
Für seinen unerbittlichen Kampf gegen die Elektrizitäts- und Atomindustrie wird der gemeinhin als «Öko-Terrorist» bezeichnete Camenisch von Linksextremen bis heute als Held verehrt. (gr)