Im Skandal-Altersheim Forstegg in Sennwald SG laufen Aufräumarbeiten. Grund: In nur drei Jahren hat Ex-Heimleiter Marcello N.* (42) den Betrieb finanziell an die Wand gefahren. Er stellte Familienmitglieder und enge Freunde an, verpulverte 2,4 Millionen Franken und vertuschte es, indem er dreist die Bilanzen fälschte. Gemeindepräsident Peter Kindler (63), in seiner Funktion auch Vorgesetzter von N., wusste früh von den Problemen – reagierte aber nicht. Am Ende sorgte er sogar dafür, dass N. wegen der Bilanzfälschung keine Strafanzeige bekommt (BLICK berichtete).
Vier Mitarbeiter bekommen Kündigung
Ausbaden müssen die Misere nun andere. Um das Finanzloch im Heim zu stopfen, werden nämlich Kündigungen ausgesprochen. Dabei trifft es vor allem die einfachen Mitarbeiter – wie Hilda Schnoz (52). Sieben Jahre lang war sie Angestellte, zuletzt in der Wäscherei. Letzte Woche bekam sie zusammen mit einer Kollegin den blauen Brief. Der Schock über die Entlassung sitzt tief. «Ich stehe vor dem Nichts. In meinem Alter noch einen Job zu finden, wird verdammt schwer», so die zweifache Mutter zu BLICK.
Auf die Strasse gestellt hat sie der Gemeindepräsident persönlich. «Ich habe vor lauter Weinen kaum ein Wort rausbekommen.» Tatsächlich erwischt sie die Kündigung zur Unzeit. Zu Hause ist sie Alleinverdienerin, auch ihr Lebenspartner ist arbeitslos, die Familie braucht den Lohn.
Frust bei geschassten Mitarbeitern
Auch der stellvertretende Leiter des Hausdienstes hat die Kündigung bekommen. Ebenso Marianne S.* (37) aus der Küche. Sie wurde bereits vor zwei Wochen entlassen. S. traf es laut Gemeindepräsident Kindler nur, weil sie noch nicht so lange wie andere im Heim angestellt war. «An der Arbeitsleistung aller Gekündigten gibt es nichts auszusetzen», sagte Kindler gestern zu BLICK.
Für die Küchenkraft ein frustrierendes Erlebnis, denn: «In meinem Team ist auch die Lebenspartnerin des Gemeindepräsidenten – dass sie verschont wird, während andere um ihre Existenz fürchten, macht uns alle wütend und auch ratlos.»
Tatsächlich wird mit den Kündigungen das Problem der Vetterliwirtschaft im Altersheim nicht gelöst. So bleibt der Leiter des Hausdienstes und damit ein Kollege des Ex-Heimleiters aus der Sennwalder Feuerwehr unangetastet. Obwohl sich der Personalbestand in seiner Abteilung nahezu verdoppelt hat.
Alte Filz-Profiteure bleiben in Anstellung
Auch die Gotte von Marcello N.s Sohn bleibt in der Küche angestellt. Der Verdacht: Wer von Marcello N. einst profitierte, profitiert weiterhin. «Ich werde niemanden künden, der kurz vor der Pension steht», rechtfertigt sich Kindler. Dass dank dieser Entscheidung auch seine Lebenspartnerin Glück hat, sei halt auch so. «Aber sie ist nicht die Einzige. Am Ende bleibt es dabei, ich muss Personal abbauen, und in diesem Licht wirkt keine Kündigung gerecht.»
Dass es Hilda Schnoz finanziell nicht gut gehe und die Kündigung für sie existenzielle Probleme bedeute, wisse er. Dafür verantwortlich fühlt sich der Sennwalder Gemeindepräsident jedoch nicht. Seine Ansage: «Ich kann nichts dafür, dass sie sozial schwach ist. Ich muss die Kosten in den Griff bekommen, das ist im Moment alles, was zählt.» Kindler hat gut reden: Er verdient rund 160'000 Franken im Jahr.
* Namen geändert