Alles beginnt mit einem E-Mail eines besorgten Bürgers an die Kantonspolizei Thurgau. Der Anwohner filmt mit seinem Handy, wie ein rotes Honda-Motorrad neben einem blauen Opel auf der Hauptstrasse durch Eschikofen TG fährt.
Es ist der 29. Mai 2018, kurz nach 19.30 Uhr. Die beiden Fahrer sprechen kurz miteinander, der Opel-Lenker befährt dabei gar das Trottoir.
Darauf fällt in der BLICK vorliegenden Aufnahme während rund acht Sekunden der Ton aus. Er setzt erst wieder ein, als Töff und Auto fast schon aus dem Bild verschwunden sind. Aus der Ferne ist nun zu hören, wie der Motor des Töffs ausserorts stark aufheult.
Polizei schritt erst nach 15 Monaten ein
Die Polizei befürchtet aufgrund der Aufnahme: Der Töffpilot hatte vielleicht statt der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h über 200 km/h auf dem Tacho!
Obwohl es sich um ein mutmassliches Raserdelikt handelt, passiert zunächst nicht viel. Erst im September 2019 – rund 15 Monate nach dem Vorfall – fahren schwer bewaffnete Beamte doch noch bei Sven T.* (32) ein.
Er ist der Besitzer des als Honda CBR 1000 identifizierten Motorrads mit rund 185 PS. Sein Töff wird beschlagnahmt, er selbst vorläufig festgenommen. Erst auf dem Posten klärt sich, dass nicht Sven T. auf der Maschine sass, sondern sein Bruder Manuel H.* (28) gefahren sein muss. Hinzu kommt: Der involvierte Töff ist kaum mehr wiederzuerkennen.
«Ich bin einige Monate nach dem Video gestürzt. Bei der Reparatur wurde die Honda neu lackiert und umgebaut», sagt Lenker Manuel H. zu BLICK. Weshalb die Ermittler so viel Zeit verstreichen liessen, bleibt unklar. Die Thurgauer Staatsanwaltschaft will mit Verweis auf das laufende Verfahren keine Detailfragen beantworten.
Töfffahrer kann sich nicht mehr erinnern
Nach der langen Zeit kann sich auch Honda-Fahrer Manuel H. nicht mehr wirklich an die verhängnisvolle Fahrt erinnern. «Das ist einfach schon zu lange her», erklärt H. Dazu kommt: Auch die Justiz scheint sich nicht ganz sicher zu sein, was der Töfffahrer abseits der Handykamera getrieben hat.
In einem Hausdurchsuchungsbefehl heisst es im letzten Herbst, der Töff sei mit einer Geschwindigkeit «von über 200 km/h» unterwegs gewesen. Später, so berichtet Manuel H., habe ihm die Polizei in Einvernahmen gar vorgeworfen, mit 280 km/h unterwegs gewesen zu sein.
Inzwischen wird Manuel H. offenbar eine Anklage im abgekürzten Verfahren mit 140 km/h in Aussicht gestellt. Liesse sich H. auf den «Deal» und ein abgekürztes Verfahren ein, könnte er ohne ellenlange Zusatzabklärungen mit einem Jahr bedingter Haft davonkommen, dem tiefstmöglichen Strafmass bei einem Raserdelikt.
Damit dieses stattfinden kann, müsste aber der Beschuldigte ebenfalls damit einverstanden sein. Der vermeintliche Raser dazu: «Die Staatsanwaltschaft versucht, mich unter Druck zu setzen, damit ich einlenke.» Falls er das nicht tun sollte, seien ihm aufwendige Testfahrten am Zürcher Flughafen in Aussicht gestellt worden, deren Kosten er wohl selbst zu tragen hätte, so Manuel H.
Lässt sich ein möglicher Tempoexzess überhaupt nachweisen?
Denn: Die Beweisführung zur angeblichen Raserfahrt ist äusserst knifflig. Zwar wäre es laut Verkehrsexperten theoretisch möglich, anhand des Motorklangs die ungefähre Geschwindigkeit zu berechnen. Aber eine gerichtstaugliche Beweisführung sei nur dann möglich, wenn sämtliche Faktoren bekannt seien. Also etwa Wind, Tageszeit, weitere Geräuschquellen in der Nachbarschaft sowie die korrekte Modifikationen der Honda.
Und hier klemmt es: «Ich bin zu diesem Zeitpunkt mit verkürzter Übersetzung gefahren, was den Töff langsamer macht. Die genaue Einstellung weiss ich nicht mehr, da ich diese immer mal wieder verändert habe», sagt Manuel H. Ausserdem habe er den Geräuschdämpfer ausgebaut, damit die Honda lauter als normal klinge.
«Wenn der Töfffahrer einen guten Anwalt hat, haut der ihn da raus», sagt einer der angefragten Verkehrsexperten zu BLICK. Wie es im Verfahren weitergeht, ist derzeit völlig offen. Laut Thurgauer Staatsanwaltschaft ist noch unklar, ob überhaupt Anklage erhoben wird.
* Namen bekannt
Die Thurgauer Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Ostschweizer Manuel H., weil dieser seine Honda auf über 200 km/h beschleunigt haben soll. Vermutet wird das nur aufgrund der Tonaufnahme im Video.
Sie sind nun gefragt: Meinen Sie, dass man die Geschwindigkeit nur anhand vom Ton ermitteln kann? Hat Manuel H. einen Raserdelikt begangen?
In unserer App befindet sich unten in der Menüleiste ein direkter Zugang, wo Sie Ihren Video-Kommentar schicken können. Was müssen Sie tun? Wählen Sie die gewünschte Datei aus oder nehmen Sie das Video direkt auf, fügen Sie eine kurze Beschreibung hinzu, Telefonnummer angeben und absenden!
Die Thurgauer Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Ostschweizer Manuel H., weil dieser seine Honda auf über 200 km/h beschleunigt haben soll. Vermutet wird das nur aufgrund der Tonaufnahme im Video.
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