Weil sie am Bahnhof eine Oma anrempeln, gerät Carsten B.* (50) am 4. Juni am Bahnhof von Wil SG mit einer Gruppe junger Männer aneinander. Die wüste Schlägerei mit zwei Schweizern, zwei Syrern und einem Nordmazedonier endet für den Deutschen mit gebrochenen Rippen, einer Lungenprellung und einem sechswöchigen Spitalaufenthalt (BLICK berichtete).
Dies, weil die fünf Angreifer noch auf ihren Gegner eintreten, als dieser längst am Boden liegt. «Ich werde vom Opfer zum Täter gemacht. Und härter bestraft als die Jungs, die mich zusammengeschlagen haben!», ärgert sich Carsten B.
Jugendlicher erhält Ermässigung bei Verfahrenskosten – Carsten B. bleibt auf der Strecke
Denn: Die Staatsanwaltschaft verurteilt den Elektromonteur wegen Raufhandels zu einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 100 Franken und Verfahrenskosten von 3500 Franken, die B. aber wegen Geldmangel nicht bezahlen kann.
Inzwischen ist dem Verprügelten auch der noch nicht rechtskräftige Strafbefehl gegen Issa M.** ins Haus geflogen. Der Nordmazedonier muss wegen seiner Verwicklung in zwei weitere Prügeleien in der Stadt St. Gallen und der Wiler Bahnhofsprügelei eine Freiheitsstrafe von 30 Tagen absitzen.
Der Vollzug der Jugendstrafe soll wegen einer nicht näher definierten, offenbar schon früher «ausgesprochenen Massnahme» aufgeschoben werden. Auffallend: Obwohl er Kosten von über 2850 Franken verursacht hat, muss M. nur deren 500 bezahlen.
Der Mehrbetrag werde «aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse von Issa M. dem Kanton auferlegt», urteilt die Jugendanwaltschaft. Carsten B. ist empört: «Ich soll den gesamten Betrag bezahlen, aber auf den nimmt man Rücksicht. Das kann ich nicht verstehen.»
«Meinem Sohn tut es wahnsinnig leid!»
M. empfängt BLICK im Trainer an der Wohnungstür seiner Familie. «Ich akzeptiere meine Strafe», sagt der Teenager mit leiser Stimme. Über die Schlägerei mit Carsten B. will er nicht mehr sprechen. Auch nicht über seine vier Mitstreiter.
Nur so viel: «Wir waren keine Gang. Man hat sich halt am Bahnhof getroffen. Mittlerweile habe ich mit niemandem von ihnen mehr Kontakt», so Issa M.
Für zwei von ihnen, Heimkind und Ex-Schwinger Michael U.** (17) und Ahmed H.** (17), ist wohnsitzbedingt die Thurgauer Jugendanwaltschaft zuständig. Die Verfahren sind noch nicht abgeschlossen, wie die leitende Jugendanwältin Barbara Reifler mitteilt. Die Mutter des Schweizers U. teilt mit: «Meinem Sohn tut es wahnsinnig leid, was passiert ist.»
Einer der Jugendlichen verhöhnte Carsten B.
Bei der St. Galler Jugendanwaltschaft wird mutmasslich noch gegen den Syrer Ameen O.* (17) ermittelt. Offiziell bestätigt wird das nicht, da die Jugendstrafverfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden.
O. hatte nach der Schlägerei Carsten B. noch verhöhnt: «Er ist selber Schuld, dass er Schläge kriegte!» Inzwischen ist er für BLICK nicht mehr zu erreichen.
Bereits abgeschlossenen und rechtskräftig ist dagegen das Urteil gegen einen weiteren Beschuldigten, der nach Erwachsenenstrafrecht sanktioniert wurde. Hier dürfte es sich um den bereits volljährigen Antonio B.** (19) handeln. Ein weiteres Verfahren wurde eingestellt.
*Name bekannt
**Name geändert