Urteil für Fatmir T. (21) ist gefällt
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Köpfte seine Oma:Urteil für Fatmir T. (21) ist gefällt

Fatmir T. (21) köpfte in Frauenfeld TG seine eigene Oma (†74)
«Ich war krank und nahm Drogen!»

Im Oktober 2018 enthauptet Fatmir T. in der Familienwohnung seine Grossmutter. Getrieben wird er dabei von wirren Stimmen in seinem Kopf. Jetzt wurde der Nordmazedonier zu einer stationären Massnahme verurteilt.
Publiziert: 25.11.2020 um 13:16 Uhr
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Aktualisiert: 25.11.2020 um 20:46 Uhr
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Auf dem Weg zum Prozess: Polizisten bringen Fatmir T. (21) ins Bezirksgericht von Frauenfeld TG.
Foto: Philippe Rossier
Marco Latzer

Vor zwei Jahren hat Fatmir T.* in Frauenfeld TG seine Grossmutter Miradije T.* (†74) erwürgt und anschliessend enthauptet. Eine schlüssige Erklärung für seine Bluttat hat der gebürtige Nordmazedonier nicht. «Ich war krank und nahm Drogen. Die Emotionen haben mitgespielt, es tut mir leid», sagt T. an seinem Prozess vor dem Frauenfelder Bezirksgericht.

Zur von ihm geköpften Grossmutter sagt er: «Ich habe sie geliebt wie meine eigene Mutter!» Laut dem psychologischen Gutachten leidet Fatmir T. unter einer schweren Schizophrenie, deren Symptome durch starken Cannabiskonsum vor der Tat noch verstärkt worden seien. Stimmen in seinem Kopf hätten ihm die Wahnsinnstat aufgetragen und ihn schon in den Monaten zuvor laufend «gekränkt und provoziert».

Jetzt hat das Bezirksgericht sein Urteil gefällt: Fatmir T. wird zu einer stationären Massnahme verurteilt. Dazu verhängte das Gericht 15 Jahre Landesverweis. Der Beschuldigte lebt erst seit 2015 in der Schweiz, gilt als schlecht integriert und sein Verhältnis zur Familie ist gestört.

Grosi wehrte sich nach Leibeskräften

Rückblende: Unmittelbar vor der Enthauptung spielt T. in der Wohnung seiner Familie noch auf der Playstation. Er wartet so lange, bis er mit seiner Grossmutter alleine zuhause ist. Als Miradije T., die als Touristin für ein paar Tage bei der Familie zu Gast ist, betet, fällt sie der Angreifer von hinten an.

Der kurz zuvor entlassene Elektroinstallateurlehrling stranguliert die Frau bis zu zwei Minuten lang. Diese versucht sich zu wehren, beisst ihren Enkel mit aller Kraft in die Finger und verliert dabei ihr Gebiss.

Letztlich hat sie gegen den kräftigen jungen Mann aber keine Chance. Als Miradije T. sich nicht mehr bewegt, sticht Fatmir T. mit einem Victorinox-Rüstmesser (Klingenlänge: 11 Zentimeter) ihr zweimal ins Herz.

Kopf im Plastiksack transportiert

«Wie in einem Dracula-Film», habe Fatmir T. sein Vorgehen beschrieben, schildert die Staatsanwältin. Anschliessend trennt er seinem Grosi den Kopf vollständig ab.

Diesen packt er in einen Plastiksack, umwickelt ihn mit einem orangen Frottiertuch und verstaut ihn in seinem Rucksack. Anschliessend wäscht und parfümiert sich der damals 19-Jährige, bevor er einen Bekennerbrief aufsetzt. Inhalt: «Liebe Mama, lieber Papa, ich entschuldige mich für das, was ich gemacht habe!»

Nachdem er die Wohnung verlassen hat, begibt sich Fatmir T. zu einem Frauenfelder Polizeiposten, wo er wortlos sein Handy abgibt und wieder von dannen zieht. Darauf reist er mit dem Zug nach Oerlikon ZH, wo er auf das Tram umsteigt, um damit an den Flughafen in Kloten ZH zu fahren.

Fatmir T. wollte nach Mekka reisen

Den Kopf seiner Grossmutter will der Teenager anscheinend in Spanien ins Meer werfen. Anschliessend gedenkt er via Ägypten nach Mekka weiterzureisen. Doch so weit kommt es nicht: Polizisten nehmen den Teenager noch an der Busstation fest. Sie beschreiben ihn als «wirr» und «grundlos lachend».

Es ist das tragische Ende einer raschen Eskalation. Einige Monate vor der Tat will Fatmir T. erstmals Stimmen gehört haben, fällt mit verstörendem Benehmen und irrem Lachen auf. Beim Fussballspielen schlägt er auf einen Jugendlichen ein, leistet sich daheim auch einen Übergriff auf seinen jüngeren Bruder.

Eine Woche vor der Tat verliert T. seine Lehrstelle, weil er mit einer Beretta-Schreckschusspistole im Hosensack an seinem Arbeitsplatz auftaucht. T., der auch die italienische Staatsbürgerschaft besitzt, wird in den Wochen vor der Bluttat hospitalisiert und anschliessend auch erstmals psychologisch behandelt.

Mutter ahnte Tat voraus

Offensichtlich aber nicht nachhaltig genug: «Mach bloss keinen Scheiss», soll ihm die Mutter noch gesagt haben, bevor sie ihn mit der Oma alleine liess. Als hätte sie eine düstere Vorahnung gehabt. Weil ihn ein forensisch-psychologisches Gutachten wegen der Schizophrenie als schuldunfähig einstuft, wird Fatmir T. wohl nicht im juristischen Sinne bestraft.

Er soll stattdessen zu einer stationären therapeutischen Massnahme verurteilt werden. Die Staatsanwaltschaft möchte, dass der Beschuldigte anschliessend 15 Jahre des Landes verwiesen wird. Die Verteidigung lehnt das ab.

In seinem Schlusswort verliest Fatmir T. einen Brief, den er für seine Oma verfasst hat. «Ich hoffe, du vergibst mir eines Tages. Ich hoffe, du kannst Opa finden und wieder mit ihm zusammenleben», heisst es darin unter anderem.

*Name geändert

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