Der 20. April ist für den St. Galler P. W.* (43) ein Freudentag. Vor 130 Jahren kam an diesem Tag sein Idol zur Welt: Adolf Hitler. Vor einer Woche, am 20. April 2019, schrieb W. auf seinem Facebook-Profil: «Eine Kerze für den Onkel! GruSS». Das Doppel-S ist ein Code der Neonazis. Es steht für Hitlers Schutzstaffel, die SS, hauptverantwortlich für den blutigen Terror im Dritten Reich.
W. ist keineswegs nur ein rechter Wutbürger, wie sie sich im Netz zuhauf tummeln. Der St. Galler arbeitet als Transportpolizist für die SBB. Zuvor diente er knapp zehn Jahre bei der Kantonspolizei Appenzell Ausserrhoden und schützte die Mächtigen am World Economic Forum (WEF) in Davos GR – bewaffnet mit einem Sturmgewehr.
Offene Bewunderung für Nationalsozialismus
Trotz seiner Funktion macht W. aus seiner Gesinnung keinen Hehl. Seit Jahren fällt er in den sozialen Medien mit rassistischen Sprüchen und Gewaltfantasien gegen Migranten auf. Er bewundert die Waffen-SS und sieht seine politische Heimat bei der rechtsextremen Partei National Orientierter Schweizer (Pnos). Vieles davon tut er für alle User ersichtlich. Sein Facebook-Profilbild zeigt eine sogenannte Wolfsangel, Szene-Symbol für Wehrhaftigkeit, das von Neonazis auf der ganzen Welt verwendet wird. In Deutschland ist das öffentliche Zeigen einer Wolfsangel in diesem Zusammenhang verboten.
Seinen Vorgesetzten ist W.s nationalsozialistische Einstellung offenbar nie aufgefallen. Anders lässt sich nicht erklären, dass er bis heute bewaffnet in Zügen und an Bahnhöfen patrouilliert und dort polizeiliche Aufgaben erfüllt. In seiner Zeit als Kantonspolizist nahm der Rechtsextremist sogar bei heiklen Einsätzen am WEF teil. In Davos sicherte er das Fünfsternehotel Seehof und den Heliport, wo die Staatschefs landen, mit der Waffe.
Kein Einzelfall
Mit den Recherchen von SonntagsBlick konfrontiert, gibt sich die Bahn wortkarg. Aufgrund des Persönlichkeitsschutzes könne man zu einzelnen Angestellten nichts sagen. Sprecher Raffael Hirt versichert aber: «Die SBB tolerieren kein menschenverachtendes, rassistisches, gewaltverherrlichendes oder extremistisches Verhalten ihrer Mitarbeitenden.» Und: Bei der Rekrutierung von SBB-Polizisten erfolge stets eine Personenrisikoprüfung.
Neonazis bei der Polizei: eine Problematik, die zurzeit auch Deutschland beschäftigt. In mehreren Bundesländern flogen innerhalb der Sicherheitsbehörden Netzwerke von Rechtsextremen auf. Etwa in Hessen, wo gegen neun Beamte ermittelt wird, die einander in geheimen Chat-Gruppen fremdenfeindliche Bilder, Videos und Texte schickten.
Hat auch die Schweizer Polizei ein Problem mit rechsextremem Gedankengut? Klar ist: W. ist kein Einzelfall. Erst kürzlich machte SonntagsBlick publik, dass ein Securitrans-Beamter in Schaffhausen mit einem Wehrmachts-Tattoo patrouillierte. Ein rechtsextremer Polizist im Tessin wurde gar befördert, obwohl seit Jahren öffentlich bekannt war, dass er gegen Ausländer hetzte, Hitler verehrt und zur Gewalt gegen Migranten aufrief.
Anfang Monat schrieb die Zeitung «Südostschweiz» über den Chef der Gemeindepolizei Flims GR und Mitglied des Zentralvorstandes des Schweizerischen Polizeibeamtenverbandes (VSPB). Dieser verherrlichte auf seinem Facebook-Profil seinen Namensvetter: den Nazi-General Erwin Rommel.
SBB merkten offenbar nichts
Ob die rechtsextremen Aktivitäten des SBB-Polizisten P. W. Konsequenzen haben, ist noch unklar. W. selbst wollte keine Stellung nehmen. Nach der Anfrage des SonntagsBlicks klären die Bundesbahnen nun die Hintergründe ab. Am Montag muss der Beamte bei seinen Vorgesetzten antraben.
*Name der Redaktion bekannt