Wer in der Schweiz schon mal etwas bauen wollte, und sei es nur ein Gartenhäuschen, der weiss: Wegen Einsprachen kann sich der Baustart ewig hinziehen.
Einige machen es daher so wie Pius Zehnder (53) aus Bargen SH. Der baut momentan einen Grossteil seines riesigen Grundstücks in der Landwirtschaftszone um – ohne Baubewilligung. «Ich brauche keine Behörden-Latschis, die mir sagen, wie ich zu bauen habe», sagt er zu BLICK. Die Gemeinde Bargen hat nun einen Baustopp verfügt, bis Zehnder doch noch den ordentlichen Weg bis zur Baubewilligung geht.
Aus der Villa wurde ein Luxus-Traumschloss
Andernorts macht sich die Gemeinde oft zur Komplizin von Bausündern. Ein krasser Fall zieht sich nun schon seit über 20 Jahren in Goldingen bei Eschenbach SG hin. Auf einem rund 8000 Quadratmeter grossen Grundstück, wo bis in die 1990er-Jahre ein Landhaus der berühmten deutschen Schauspielerin Lilli Palmer (1914–1986) stand, baute das Unternehmerpaar Dewert 1999 eine Villa. Es ist ein Traumschloss mit Wintergarten, Tierstall, Biotop, Türmchen, Wellnesszone und Park. Der Kanton schätzt die Baukosten auf über zehn Millionen Franken.
Allerdings müssen wesentliche Teile des Hauses und der Umgebungsgestaltung abgebrochen werden, weil sie illegal erstellt wurden. Das verlangt ein Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen von 2008. So hat das Unternehmerpaar viel mächtiger bauen lassen als ursprünglich bewilligt. Und die Behörden – sowohl der Kanton als auch die Gemeinde – waren bei der ersten Baueingabe schon viel zu grosszügig. Eigentlich hätte die Villa so wie geplant niemals bewilligt werden dürfen, hielt das Verwaltungsgericht fest.
Nachträgliche Baugesuche
Kleinere Bauten, die zur Villa gehörten, wurden mittlerweile abgebrochen. Für andere – etwa den ausgebauten Dachstock und das Untergeschoss mitsamt Wellnessbereich – hat das Ehepaar Dewert 2014, also sechs Jahre nach dem Gerichtsentscheid, ein nachträgliches Baugesuch eingereicht.
Gemeindepräsident Josef Blöchlinger (65) verschleppt die Beantwortung dieses Baugesuchs zur Freude der Bauherren seit Jahren. Das Ehepaar Dewert profitiert davon, da es die unbewilligten Stockwerke weiter nutzen darf.
Beim Kantonalen Amt ist man genervt von der Gemeinde
Beim Kantonalen Amt für Raumentwicklung und Geoinformation (Areg) schaut man dem Treiben in Eschenbach indes fassungslos zu. Jakob Ruckstuhl, Leiter der Abteilung «Bauen ausserhalb Bauzonen»: «Seit rund fünf Jahren liegt auf dem Tisch des Eschenbacher Gemeinderats ein nachträglich eingereichtes Baugesuch der Grundeigentümer sowie eine Einsprache dagegen vom WWF St. Gallen. Eschenbach müsste längst darüber befinden und den Entscheid mitteilen.»
Bei Bauten ausserhalb Bauzonen – beim Schloss handelt es sich um eine solche – genehmigt oder weist der Kanton die Baubewilligungen ab. Nur: Den Entscheid eröffnen muss die Gemeinde. «Tut sie das nicht, geht das Prozedere nicht weiter. Uns sind da die Hände gebunden», sagt Ruckstuhl.
Gemeindepräsident verweist auf andere Prioritäten
Gegenüber BLICK räumt Gemeindepräsident Josef Blöchlinger ein: «Wir hatten andere Prioritäten zu setzen und sind deshalb in diesem Geschäft in Verzug geraten.» Priorität habe in der Vergangenheit etwa die Zusammenführung der ehemals eigenständigen Gemeinden Goldingen und Eschenbach gehabt.
Blöchlinger sagt aber auch: «Natürlich liegt es uns daran, diese Angelegenheit abschliessend zu behandeln und bald zu Ende zu bringen. Da dieser Fall eine gewisse Komplexität aufweist, haben wir auch eine Rechtsberatung beigezogen.» Das Ehepaar Dewert wollte auf Anfrage von BLICK keinen Kommentar zum Fall abgeben.
«Die Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet ist einer der fundamentalen Grundsätze der Raumplanung in der Schweiz. Dies bewirkt unter anderem tiefe Bodenpreise für Landwirtschaftsland und erleichtert damit der Landwirtschaft, kostendeckend zu produzieren», schreibt das Bundesamt für Raumentwicklung.
Wer also Grundstücke ausserhalb der Bauzonen erwerbe, müsse sich bewusst sein: Baubewilligungen werden nur sehr eingeschränkt erteilt. Wer illegale Bauprojekte realisiert, muss zudem auch nach Jahrzehnten damit rechen, dazu verdonnert zu werden, sie auf eigene Kosten zurückzubauen.
Wichtig – auch für Käufer von Häusern ausserhalb der Bauzone: Vor der Überschreibung auf dem Grundbuch muss dringend abgeklärt werden, ob die Liegenschaft im aktuellen Zustand bewilligt wurde. «Wer das nicht abklärt, handelt fahrlässig», so das Bundesamt für Raumentwicklung. Will heissen: Der Käufer muss im Nachhinein auf eigene Kosten das Haus abbrechen oder anpassen.
Flavio Razzino
«Die Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet ist einer der fundamentalen Grundsätze der Raumplanung in der Schweiz. Dies bewirkt unter anderem tiefe Bodenpreise für Landwirtschaftsland und erleichtert damit der Landwirtschaft, kostendeckend zu produzieren», schreibt das Bundesamt für Raumentwicklung.
Wer also Grundstücke ausserhalb der Bauzonen erwerbe, müsse sich bewusst sein: Baubewilligungen werden nur sehr eingeschränkt erteilt. Wer illegale Bauprojekte realisiert, muss zudem auch nach Jahrzehnten damit rechen, dazu verdonnert zu werden, sie auf eigene Kosten zurückzubauen.
Wichtig – auch für Käufer von Häusern ausserhalb der Bauzone: Vor der Überschreibung auf dem Grundbuch muss dringend abgeklärt werden, ob die Liegenschaft im aktuellen Zustand bewilligt wurde. «Wer das nicht abklärt, handelt fahrlässig», so das Bundesamt für Raumentwicklung. Will heissen: Der Käufer muss im Nachhinein auf eigene Kosten das Haus abbrechen oder anpassen.
Flavio Razzino