Wirte am «schönsten Ort der Welt» geben frustriert auf
Das sagt der Landeshauptmann über die Probleme des Äschers

Die Wirtefamilie vom Berggasthaus Äscher wirft den Bettel entmutigt hin. Nicht ohne einen Seitenhieb an die Besitzer des Gebäudes, die Stiftung Wildkirchli. Der Betrieb am «schönsten Ort der Welt» sei mit den bestehenden Infrastrukturen nicht aufrechtzuerhalten. Jetzt steht Stiftungspräsident und Innerrhoder Landeshauptmann Stefan Müller Red und Antwort.
Publiziert: 20.08.2018 um 09:57 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 15:49 Uhr
Das berühmte Gasthaus Aescher sucht neue Pächter
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Der Ansturm schadet der Infrastruktur:Das berühmte Gasthaus Aescher sucht neue Pächter

Das Ehepaar Nicole und Bernhard Knechtle-Fritsche hat die Pacht des Berggasthauses Äscher auf Ende Saison 2018 gekündigt. Dies teilt der Kanton Appenzell Innerrhoden mit. Der ohnehin schon beliebte Äscher ist weltberühmt, seit der «National Geographic» ein Bild davon auf die Titelseite des Buchs «Destinations of a Lifetime» druckte und den Äscher als schönsten Ort der Welt bezeichnete.

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Das Berggasthaus Äscher im Appenzellerland.

Dem Ansturm der Fans – ganze Heerscharen wollen vor der Beiz Instagram-Pics schiessen – könne die Bergbeiz nicht für immer standhalten, teilen die scheidenden Betreiber mit – und begründen so ihre Entscheidung. «Eine schon länger bekannte Konsequenz dieses Erfolgs ist die Tatsache, dass die Infrastruktur des Gebäudes mit der wachsenden Gästezahl nicht mehr Schritt halten kann», heisst es in der Mitteilung. «Sowohl beim Platzbedarf wie bei der Wasser- und Stromversorgung ergeben sich immer wieder Engpässe, die sich in Zukunft weiter verschärfen dürften.» Auch die sanitären Anlagen entsprächen nicht mehr den heutigen Bedürfnissen.

Schritte für eine Verbesserung blieben aus

Den Betrieb aufrechtzuerhalten sei deshalb seit mehreren Jahren nur unter erschwerten Bedingungen möglich. Man habe immer wieder Anläufe genommen, die Infrastruktur zu verbessern – doch das habe sich als sehr schwierig gestaltet. Unter anderem wegen des Denkmalschutzes und der Tatsache, dass sich das Gasthaus in der Archäologiezone befinde.

Es habe zwar «gewisse Anpassungen» gegeben, die nötigen Schritte jedoch für eine Verbesserung der Situation seien ausgeblieben. So seien die Pächter zum Schluss gekommen, «dass sich das Berggasthaus Äscher-Wildkirchli angesichts dieser Ausgangslage nicht so aufrechterhalten lässt».

«Man muss sich den Gegebenheiten anpassen»

Ein klarer Vorwurf an die Behörden. Der zuständige Regierungsrat in Appenzell Innerrhoden, Stefan Müller, Präsident der Stiftung Wildkirchli, der Besitzerin des Berggasthofes, bedauert den Entscheid der Familie. «Ich bin natürlich traurig, denn wir hatten ein gutes Verhältnis. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir einen guten neuen Pächter finden werden», sagt er zu BLICK. «Das ist ein spezieller Platz dort oben. Wir haben keine Strassen und eine schwache Wasserversorgung, das ist so. Aber man muss sich den Gegebenheiten des Gasthauses eben anpassen», sagt Müller. «Man kann den Äscher nicht einfach nehmen und verschieben.»

Die Stiftung Wildkirchli prüfe bereits seit einiger Zeit die baulichen Optimierungen innerhalb des Hauses. Noch vor Ende Jahr will man mit der Sanierung anfangen. «Es ist eine besondere Herausforderung, den wirtschaftlichen Aspekt sowie die besondere Lage und den Denkmalschutz unter einen Hut zu bringen», sagt der Regierunsrat.

Das Betriebskonzept war nicht optimal

Dass diese Anpassungen nicht den nötigen Schritt bringen werden, wie das die Familie Knechtle-Fritsche schreibt, glaubt Müller nicht. «Das ist die Meinung der Familie. Das Wichtigste ist jedoch, ein optimales Betriebskonzept auszuarbeiten, das sich mit den Einschränkungen des Äschers deckt. Ihre Philosophie hat sich offenbar nicht mit der Lage gedeckt», sagt er. Den Touristenstrom eindämmen will Müller auf keinen Fall. «Das ist ein öffentlicher Ort, da kann man nichts beschränken. Ausserdem ist es schön, wenn die Leute kommen und Freude haben.»

Müller hofft nun, dass der neue Besitzer sich mit «den Gegebenheiten identifizieren» kann und «gut ins Konzept» passen wird. In zwei Wochen soll es eine offizielle Ausschreibung geben, auf die man sich bewerben kann.

Ende der «Ära Knechtle» nach 31 Jahren

In den vergangenen Jahren brachten die vielen Touristen die Wirtefamilie Knechtle immer wieder an ihre Grenzen. Im April des letzten Jahres kündigten sie an, keine Übernachtungen mehr anzubieten, um den Ansturm einzudämmen (BLICK berichtete). Im Jahr zuvor sorgte die Beiz für einen Aufreger, weil es für zusätzliches Besteck zwei Franken verlangt.

Nicole und Bernhard Knechtle-Fritsche konnten den Betrieb aufgrund einer öffentlichen Ausschreibung der Pacht am 1. Mai 2014 übernehmen. Dies, nachdem der Gastbetrieb seit 1987 von Claudia und Bernhard Knechtle-Wyss, den Eltern des jetzigen Bergwirts, «mit viel Herzblut geführt und zu einem Vorzeigebetrieb aufgebaut wurde», heisst es in der Mitteilung des Kantons.

Mit der Kündigung geht die «Ära Knechtle» nach 31 Jahren zu Ende. Während dieser Zeit hat das Berggasthaus Äscher einen grossen Aufschwung erlebt und wurde von vielen Gästen aus dem In- und Ausland besucht. Am Montagmittag nimmt Wirtin Nicole Knechtle-Fritsche das Telefon ab, im Hintergrund tönt es nach einem gut besetzten Restaurant in vollem Betrieb. «Das Restaurant bleibt wie üblich bis Ende Saison am 4. November offen», sagt sie zu BLICK. (rey/man)

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