Hotelier Paul Beutler (73) verwirft die Hände. «Es ist ein Elend! Für die nähere Zukunft unserer Destination mache ich mir grosse Sorgen», sagt der Besitzer dreier Hotels in Wildhaus und Unterwasser SG. «So laufen uns die Skigäste davon!», warnt Beutler, der in seinen Betrieben 55 Angestellte beschäftigt. Während zweier Jahrzehnte boten die beiden Skigebiete in der Gemeinde Wildhaus - Alt St. Johann SG ein gemeinsames Ticket an, um auf dem Markt zusammen als Skidestination Toggenburg aufzutreten.
Doch aufgrund jahrelanger Streitereien kommt es zwischen den einstigen Partnern, der Bergbahnen Wildhaus AG (BBW) und der Toggenburg Bergbahnen AG (TBB), auf diesen Winter hin nun zur Kampfscheidung.
Zweigeteiltes Skigebiet gefährdet den Tourismus
Da auch die Verbindungspisten zukünftig nicht mehr unterhalten werden, müssen sich die Gäste der zerrissenen Destination vor Ort für eines der beiden Teilgebiete entscheiden (siehe Karte).
Weil das den örtlichen Tourismus vor eine existenzielle Herausforderung stellt, bietet beispielsweise Hotelier Beutler seinen Gästen bei zwei oder mehr Übernachtungen 30 Prozent Rabatt auf deren Skitickets an.
«Wegen des Bergbahnstreits verzeichnen wir im Reka-Feriendorf Wildhaus schon jetzt einen Buchungsrückgang von zehn Prozent», klagt auch Damian Pfister (50), Leiter Reka-Ferien.
Reka-Dorf vor ungewisser Zukunft
Er deutet gar eine Schliessung des Reka-Standortes an. Pfister: «Wir verfolgen die Situation im Toggenburg in den nächsten Jahren genau. Wenn sich die Rahmenbedingungen nicht entscheidend bessern, behalten wir uns alle Optionen offen!»
Die neuartige Eskalation hat eine Vorgeschichte. Zunächst sind es die Wildhauser Bergbahnen, die sich mit der Aufteilung der Einnahmen aus dem gemeinsamen Ticket unzufrieden zeigen. Aufgrund höherer Besucherfrequenzen hätten sie einen grösseren Anteil des gemeinsamen Kuchens verdient, so ihre Lesart. Die Toggenburger Bergbahnen sind empört.
«Der Skifahrer wurde zum Hamster im Rad degradiert», befindet deren VR-Präsidentin Mélanie Eppenberger (40). Im Gegenzug machen sie und ihre Mitstreiter via Zeitungsinserat ein feindliches Übernahmeangebot für den Partner aus Wildhaus (BLICK berichtete).
Bergbahnen zerfleischen sich gegenseitig
Diese Offerte sei zum «Spottpreis von 25 Franken pro Aktie» erfolgt, kritisiert dagegen Jakob Rhyner (68), Verwaltungsratspräsident der Wildhauser Bergbahnen. Die Rivalin wolle «keine Fusion, wie sie dies immer wieder medial vorgaukelt, sondern sie will die Aneignung und Unterwerfung des unliebsamen Nachbarn».
Die Toggenburger Bergbahnen würden für die Wiedereinführung des gemeinsamen Tickets 51 Prozent der Wildhauser Aktien verlangen. Wer so etwas tue, «macht sich nach unserem Rechtsverständnis des Erpressungsversuchs schuldig», sagt Rhyner.
Mélanie Eppenberger ist dagegen überzeugt, es seit Jahren mit einer «Blockade gegen eine allseits gewünschte Fusion» zu tun zu haben. «Die einzige markante positive Entwicklung im Toggenburg in den letzten zehn Jahren wurde einzig und allein von uns, der Toggenburg Bergbahnen AG, geschaffen», so Eppenberger.
Ex-Skiprofi ärgert sich über «kleingeistige Toggenburger»
Genau diese Entwicklung sieht Ex-Skiprofi Karl Alpiger (58) in Gefahr. «Als Besitzer von zwei Sportgeschäften stehe ich vor einer ungewissen Situation. Schliesslich leben wir zum grossen Teil von der Skivermietung», so der zweifache WM-Bronze-Gewinner.
Wenn weniger Gäste kämen, dann treffe ihn das direkt. «Überall tun sich Skigebiete zusammen, bilden teils gar grenzübergreifende Destinationen. Wir Toggenburger streichen dagegen kleingeistig wegen Streitereien unser gemeinsames Ticket», ärgert sich Alpiger.
Eine kurzfristige Lösung des Konflikts zum Saisonauftakt erscheint ausgeschlossen, obwohl Toggenburg Tourismus die Bergbahnen in einem Akt der Verzweiflung nochmals an den Verhandlungstisch bittet.