«Man sieht den Abgrund nicht»
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Das sagen Wanderer am Aescher:«Man sieht den Abgrund nicht»

Zwei Tote innert einer Stunde
Das sagt der Wanderweg-Chef zu der Doppel-Tragödie am Äscher

Innert einer Stunde sind zwischen Äscher und Chobel im Kanton Appenzell Innerrhoden zwei Wanderer tödlich verunglückt. Die Frau und der Mann stürzten im gleichen Abschnitt und kamen dabei ums Leben.
Publiziert: 19.07.2022 um 08:17 Uhr
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Aktualisiert: 20.07.2022 um 11:38 Uhr
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Innert zwei Stunden kamen auf diesem Weg eine Deutsche und kurz darauf ein Berner ums Leben. (Archivbild)
Foto: Kapo AI

Der erste tödliche Sturz ereignete sich am Montag um kurz nach 12 Uhr auf dem Bergwanderweg zwischen Äscher und Chobel im Kanton Appenzell Innerrhoden.

Eine Deutsche (†66) war mit ihrem Ehemann auf dem Bergwanderweg vom Äscher in Richtung Chobel unterwegs.

Im Bereich Dürrschrennen stürzte sie aus noch nicht vollständig geklärten Gründen den steilen Abhang hinunter und über die Felswand zirka 80 Meter in die Tiefe. Die sofort alarmierten Rettungskräfte konnten nur noch den Tod der Frau feststellen.

Sie waren in verschiedenen Gruppen unterwegs

Während den Bergungsarbeiten der Frau stürzte ein Mann (†58) aus dem Kanton Bern im gleichen Abschnitt des Bergwanderweges in die Tiefe und wurde durch den Sturz ebenfalls tödlich verletzt.

Dieses Unglück ereignete sich zirka eine Stunde nach dem tödlichen Sturz der Deutschen, wie die Kantonspolizei mitteilt.

Wanderweg vom Seealpsee zum Äscher.
Foto: map.geo.admin.ch

Nach bisherigen Erkenntnissen waren die beiden Verunglückten in verschiedenen Gruppen unterwegs und hatten keinen persönlichen Bezug zueinander.

Der Weg wurde am Freitag zum letzten Mal kontrolliert

Allein dieses Jahr starben drei Wanderer auf diesem Weg. Vor dem Unglück am Montag verlor eine andere Frau in dem Gebiet bereits ihr Leben. Am 26. Juni war die 75-jährige Frau auf dem gleichen Wanderweg gestolpert und rund 80 Meter über eine Felswand abgestürzt. Die Rega konnte nur noch den Tod der Verunglückten feststellen.

Kontrolliert wird der Weg von Sepp Manser (58), Grossrat des Kantons Appenzell Innerrhoden und zuständig für die Wanderwege in der Region.

Zuletzt wurde die Strecke am Freitag inspiziert. Es handele sich um einen Bergwanderweg. Nicht besonders gefährlich, aber eben auch nicht zu unterschätzen. Manser zu Blick: «Man braucht gewisse Voraussetzungen, um dort zu wandern: Trittsicherheit, Schwindelfreiheit, gute Fitness und Kondition sowie die nötige Selbsteinschätzung.»

«Eingangs sind Warntafeln aufgestellt»

Und genau bei der Selbsteinschätzung hapere es bei einigen Wanderern. Der Weg auf die Talseite hinunter würde zwar harmlos wirken durch die Büsche und das Gras an den Seiten. Das täusche aber.

Hinzukomme, dass viele Menschen gerne die Schönheiten der Region erkunden wollen, aber ungeübte Bergwanderer seien, die nicht wissen würden, wie sie sich verhalten müssten. «Zwar sind eingangs Warntafeln aufgestellt und der Weg ist auch nach den gängigen Empfehlungen der Schweizer Wanderwege gesichert, aber wenn man sich die Menschen nicht daran halten, sind uns die Hände gebunden», so Manser.

Auch für Polizeisprecher Roland Koster ist klar: Der Weg hat es in sich. Es handelt es sich zwar beim Weg vom Äscher in Richtung Chobel und Seealpsee um einen der meist begangenen im Alpstein. Teilweise sei die Sicht vom Weg nach unten auf die steilen Felswände wegen der hohen Gräser und Kerbel schlecht.

Wanderer war mit Rollkoffer unterwegs

Der Bergweg, der an einigen Stellen bergseitig mit fixen Drahtseilen gesichert ist, gilt laut Koster als gefährlich. Er selber habe beim Wandern auf diesem Weg schon wiederholt Leute beobachtet, die wegen mangelhafter Ausrüstung «nicht dorthin gehören».

Flip-Flops oder Lackschuhe seien für diese Bergwanderung völlig ungeeignet, sagte Koster der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Einmal sei er auf dem steilen Weg sogar einem Wanderer mit einem Rollkoffer begegnet. Der Äscher und der Seealpsee hätten sich in den letzten Jahren zu touristischen Hypes entwickelt. (jmh/vof/SDA)

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