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Foto: KEY

«Aktion Knobli» machte gegen Schweizer Hanf-Kunden ennet der Grenze mobil
Grenzwächter spionieren illegal in Österreich!

Da sind die Schweizer Grenzwächter gehörig über die Grenze hinausgeschossen. BLICK-Recherchen decken auf: Um Käufer von Hanfsamen und -zubehör zu büssen, haben sie illegal auf österreichischem Hoheitsgebiet spioniert.
Publiziert: 09.09.2019 um 23:33 Uhr
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Aktualisiert: 10.09.2019 um 14:22 Uhr
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Ranghöchster Mitarbeiter der «Aktion Knobli»: Markus Kobler (55), Kommandant der Grenzwachtregion III, welche die illegalen Einsätze 2018 und 2019 durchführte.
Foto: Zvg
Marco Latzer

Das stinkt zum Himmel! In den Jahren 2018 und 2019 hat das Schweizer Grenzwachtkorps im Rahmen der «Aktion Knobli» illegale Observationen in Österreich durchgeführt: An insgesamt vier Tagen schnüffelten Angehörige der Grenzwachtregion III zivil in Vorarlberg.

Dort befinden sich mehrere Fachgeschäfte, welche Hanfsamen und Zubehör für die Cannabiszucht verkaufen. «Die Geschäfte sind in Österreich völlig legal», steht selbst im Einsatzbefehl, der BLICK vorliegt.

Trotzdem ergeht folgender Auftrag: «Observation vor Ort, mittels geeigneter Angehöriger des Grenzwachtkorps, die noch genauer zu bezeichnen sind, vor Ort diskret überwachen und mutmassliche Zielfahrzeuge melden.»

Schweizer schnüffelten, Ösis wussten von nichts

Die unbewaffneten Grenzwächter lauern auf österreichischen Parkplätzen den Schweizer Kunden auf und geben deren Autonummern an die Einsatzzentrale weiter. Dort werden die Fahrzeuge im System erfasst, um sie später an der Grenze zu stoppen.

Schliesslich handelt es sich bei der Einfuhr gewisser Hanfprodukte zumindest nach Schweizer Recht um eine Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes.

Doch: «Da die Geschäfte in Österreich einem legalen Handel nachgehen, kann nicht auf eine Zusammenarbeit mit den A-Behörden zurückgegriffen werden», steht im Einsatzbefehl von «Aktion Knobli».

Involvierter Kommandant will Details nicht kennen

Das ist zurückhaltend formuliert. Denn, wie Recherchen von BLICK enthüllen, wurden die Österreicher beim Geheimeinsatz auf ihrem Hoheitsgebiet gezielt aussen vor gelassen.

So teilt Landesrat Christian Gantner (38) auf Anfrage mit, «dass der Landespolizeidirektion Vorarlberg (...) von den von Ihnen erwähnten Observationen der Schweizer Grenzwache in Vorarlberg nichts bekannt ist.»

Auf Schweizer Seite geht aus den Unterlagen Markus Kobler (55), Kommandant der Grenzwachtregion III, als ranghöchster Beteiligter hervor. Er soll während der «Aktion Knobli» Pikettdienst gehabt haben. Damit konfrontiert, gibt sich Kobler unwissend: «Als Kommandant kenne ich nicht alle Details der jeweiligen Einsätze.»

Zollverwaltung räumt Sachverhalt ein

Er verweist BLICK an die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV). Dort räumt Mediensprecher Matthias Simmen den Sachverhalt nach internen Abklärungen vollumfänglich ein: «Die EZV hat die Rechtmässigkeit der Vorgehensweise im Rahmen der Fallnachbearbeitung in Frage gestellt und die weitere Durchführung solcher Aktionen gestoppt.»

Man gehe davon aus, dass der Einsatz nicht im Einklang mit den geltenden Vorschriften gewesen sei. Simmen weiter: «Der Einsatz von zivilen Beobachtern auf österreichischem Hoheitsgebiet ist im trinationalen Polizeikooperationsvertrag (Schweiz, Liechtenstein, Österreich; Anm. d. Red.) nicht geregelt.»

Jetzt drohen Disziplinarmassnahmen und Strafverfahren

Und selbst dann hätten die Österreicher die Aktion wohl kaum genehmigt, da die Beschatteten nach ihrer Auffassung nichts Verbotenes taten. Dennoch betont man bei der EZV den «präventiven Charakter» der Aktion.

An den beiden Tagen im Jahr 2019 wurden an den Grenzübergängen von St. Gallen und Graubünden demnach insgesamt 30 Personen mit illegalen Betäubungsmitteln angehalten. Wie viele davon auf das Konto der Schnüffelaktion gehen, wurde statistisch jedoch nicht erfasst.

Gute Samen, böse Samen

Die bekanntesten Wirkstoffe von Hanf sind Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). THC hat eine berauschende Wirkung und ist ein verbotenes Betäubungsmittel. CBD ist hierzulande legal, denn es hat eine beruhigende, schmerzstillende Wirkung, macht aber nicht high.

Es gibt Hanfsorten, die kaum THC enthalten, dafür umso mehr CBD: das sogenannte CBD-Gras. Alle CBD-Produkte mit weniger als einem Prozent THC sind in der Schweiz legal – ob Blüten, Tees, Öle oder Samen. Jegliche Hanfprodukte über dem Grenzwert sind in der Schweiz verboten. Auch Samen, die Pflanzen mit höherem THC-Gehalt ergeben.

In Österreich liegt der THC-Obergrenzwert mit 0,3 Prozent bei Blüten, Ölen und Co. zwar tiefer als in der Schweiz, allerdings unterliegen die Samen in Österreich keinem Grenzwert. Verkauf und Versand der Samen – egal welchen THC-Gehalt die daraus wachsenden Blüten dann aufweisen – sind bei unseren Nachbarn legal. Aber nur, wenn der Verkäufer nicht davon ausgehen muss, dass die Samen zur Produktion von Rauschgift dienen. Daher verkaufen die Ösi-Shops die Samen nur zu «Sammelzwecken».

Die bekanntesten Wirkstoffe von Hanf sind Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). THC hat eine berauschende Wirkung und ist ein verbotenes Betäubungsmittel. CBD ist hierzulande legal, denn es hat eine beruhigende, schmerzstillende Wirkung, macht aber nicht high.

Es gibt Hanfsorten, die kaum THC enthalten, dafür umso mehr CBD: das sogenannte CBD-Gras. Alle CBD-Produkte mit weniger als einem Prozent THC sind in der Schweiz legal – ob Blüten, Tees, Öle oder Samen. Jegliche Hanfprodukte über dem Grenzwert sind in der Schweiz verboten. Auch Samen, die Pflanzen mit höherem THC-Gehalt ergeben.

In Österreich liegt der THC-Obergrenzwert mit 0,3 Prozent bei Blüten, Ölen und Co. zwar tiefer als in der Schweiz, allerdings unterliegen die Samen in Österreich keinem Grenzwert. Verkauf und Versand der Samen – egal welchen THC-Gehalt die daraus wachsenden Blüten dann aufweisen – sind bei unseren Nachbarn legal. Aber nur, wenn der Verkäufer nicht davon ausgehen muss, dass die Samen zur Produktion von Rauschgift dienen. Daher verkaufen die Ösi-Shops die Samen nur zu «Sammelzwecken».

Das abrupte Ende der Aktion geht laut BLICK-Quellen aus dem Zollumfeld auf einen kuriosen Zufall zurück: Am Zoll sei ein Schweizer Polizist mit Hanfsamen im Gepäck gestoppt worden, der die Rechtmässigkeit des Vorgehens infrage gestellt habe.

«Die Geschehnisse werden mit den verantwortlichen Personen intern aufgearbeitet», teilt nun Sprecher Simmen mit. Der EZV sei es wichtig, den Auftrag unter den geltenden Rechtsbestimmungen zu erfüllen.

Zudem werde die Einleitung eines Disziplinarverfahrens sowie eine Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Amtsgeheimnisverletzung geprüft.

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