«Ich finde das Urteil gegen uns brutal»
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Ex-Präsident FC St. Margrethen:«Ich finde das Urteil gegen uns brutal»

2.-Liga-Verein St. Margrethen heuert 5 Ausländer illegal an
Rote Karte für Klub-Bosse

Sie wollten ihren Fussballverein konkurrenzfähiger machen, begingen dafür aber Straftaten. Drei Funktionäre des FC St. Margrethen werden wegen illegaler Beschäftigung von Ausländern verurteilt.
Publiziert: 01.02.2019 um 00:05 Uhr
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Aktualisiert: 01.02.2019 um 08:09 Uhr
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Natal Schnetzer (49), Ex-Präsident des FC St. Margrethen, flatterte ein Strafbefehl wegen illegaler Beschäftigung von Ausländern ins Haus.
Foto: Marco Latzer
Marco Latzer und Petar Marjanovic

Es waren filmreife Szenen, die sich am 28. September 2016 im Ostschweizer Amateurfussball abspielten. Kurz nach Sonnenaufgang wurden in einer Wohnung fünf Männer kontrolliert – allesamt Spieler des Dorfvereins FC St. Margrethen. Wenig später wird die Fünfer-Achse ausgeschafft. 

Der Grund: Die Bosnier Adnan K.* (24), Haris P.* (24) und Elvir H.* (23) sowie die beiden Brasilianer Thiago C.* (28) und Jhonatan P.* (22) waren als Touristen eingereist.

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Goalie Adnan K.* (24) aus Bosnien spielte schon 2015 für den Verein.
Foto: zvg

Nicht etwa um den Säntis oder das Bundeshaus zu sehen. Sie halfen dem FC St. Margrethen spielerisch auf die Sprünge. Und kassierten während der drei Monate, in denen sie visumfrei in der Schweiz sein durften, Monatslöhne zwischen 300 Franken und 450 Franken. Einer von ihnen, der Goalie Adnan K., war bereits zum vierten Mal in der Schweiz. Genau dann, wenn wichtige Spiele anstanden.

Ein Sponsor stellte den «Fussball-Touristen» eine renovierungsbedürftige Wohnung als Unterkunft zur Verfügung. Emsige Klubmitglieder sorgten dafür, dass der Kühlschrank gefüllt ist.

Dann kam der Ärger, wie der kürzlich zurückgetretene Präsident Natal Schnetzer (49) zu BLICK sagt: «Jemand hatte uns bei den Behörden verpfiffen. Wer es war, wissen wir bis heute nicht!»

Gesetzeslage zu Amateurfussball klar 

Die Gesetzeslage ist eindeutig: Obwohl schlecht entlöhnt, gingen die fünf Ausländer einer Erwerbstätigkeit nach – ohne die entsprechenden Genehmigungen im Sack zu haben.

Für die unfaire Aufwertung des Teams flattern den Verantwortlichen des FC St. Margrethen nun Strafbefehle ins Haus: Sie erhalten Verurteilungen wegen Beschäftigung von Ausländern ohne Bewilligung.

Der involvierte Trainer Djordje Duvnjak (68) ist empört: «Weil sie uns die Spieler weggenommen haben, sind wir abgestiegen.» Der Bosnier behauptet gar, nichts mit der Rekrutierung der Spieler zu tun zu haben. Die Staatsanwaltschaft sieht es anders: Duvnjak, der aus derselben Stadt wie die drei Bosnier kommt, habe die Kontakte geknüpft.

Auch gegen Sportchef Sandro T.* (31) gibt es einen Strafbefehl. Er hat beim Fussballverband die Lizenzen für die Touristen beantragt, ohne sich um die Arbeitsbewilligungen zu kümmern. Pikant: Wegen seiner Verwicklung in einen Wettskandal war T. von 2010 bis 2016 gesperrt. Nur zwei Wochen nach seiner Begnadigung durch den Verband wurden seine Schützlinge verhaftet.

Fünf Männer in Mini-Wohnung

Der Sportchef teilt sein Leid mit Ex-Präsident Natal Schnetzer. Auch er will seinen Schuldspruch akzeptieren. Sagt aber: «Ich würde es zwar nicht wieder machen. Aber schuldig fühle ich mich nicht!» Sein Argument: Der Verein habe die jungen Männer nicht ausgenützt.

P. S.* glaubt ihm nicht. Als Nachmieter der Fussball-WG sagt er: «Ich wohne alleine in dieser wirklich kleinen 2,5-Zimmer-Wohnung. Schon zwei Bewohner kann ich mir hier drinnen nicht vorstellen!»

Ein Fussballgefängnis mitten in St. Margrethen? Ex-Präsi Natal Schnetzer legt BLICK zur Verteidigung den Auszug eines Mietvertrags vor. Darin ist dieselbe Wohnung mit 3,5 Zimmern aufgeführt. Weil ihr noch ein separates Zimmer im Flur angehängt wurde. Das gleiche Dokument besagt aber auch, dass im Mietobjekt nur drei Personen hätten wohnen dürfen.

Schnetzer ist trotzdem überzeugt: «Die mussten ja nicht neun Stunden auf dem Bau schuften. Sondern haben drei bis vier Mal in der Woche trainiert und am Wochenende gespielt. Das war wie Ferien für die Jungs!»

*Name bekannt 

**Name geändert

Niemand kontrolliert die Spieler

Der FC St. Margrethen ist kein Einzelfall. «Das kommt gelegentlich vor», sagt Jürg Eberle, Leiter des St. Galler Migrationsamtes. Er betont jedoch: «Fünf auf einmal, das würde ich schon als aussergewöhnlich bezeichnen.»

Die Gründe liegen in der scharfen Einwanderungspraxis der Schweiz: Arbeitsbewilligungen für Fussballer ausserhalb des Europäischen Wirtschaftsraums gibt es nur für Spieler der Super und Challenge League. 

«Tiefere Ligen sind davon ausgeschlossen», sagt Lukas Rieder, Sprecher des Staatssekretariats für Migration. Daran könne auch der Spielerpass nichts ändern, den lizenzierte Spieler vom Fussballverband erhalten. 

Die Angelegenheit ärgert auch den SP-Politiker und FC-Nationalrat-Kicker Matthias Aebischer (51): «Es kann nicht sein, dass Touristen einen Fussballpass erhalten und über Jahre illegal bei einem Verein auf der Spesenliste stehen.»

Der Schweizerische Fussballverband (SFV) spielt den Ball direkt an die Vereine weiter. Diese hätten dafür besorgt zu sein, dass ihre Spieler die notwendigen Bewilligungen haben. «Bei der Spieler-Qualifikation sind der Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungsstatus von Ausländern kein relevantes Kriterium», erklärt SFV-Sprecher Marco von Ah.

Bedeutet: In den häufigsten Fällen kontrolliert nur die Justiz. Meist dann, wenn es zu spät ist. SP-Aebischer dazu: «Es würde reichen, wenn die Klubs dem Verband mit einem einfachen Formular bestätigten, dass der Spieler über die nötige Bewilligungen verfüge.» 

Der FC St. Margrethen ist kein Einzelfall. «Das kommt gelegentlich vor», sagt Jürg Eberle, Leiter des St. Galler Migrationsamtes. Er betont jedoch: «Fünf auf einmal, das würde ich schon als aussergewöhnlich bezeichnen.»

Die Gründe liegen in der scharfen Einwanderungspraxis der Schweiz: Arbeitsbewilligungen für Fussballer ausserhalb des Europäischen Wirtschaftsraums gibt es nur für Spieler der Super und Challenge League. 

«Tiefere Ligen sind davon ausgeschlossen», sagt Lukas Rieder, Sprecher des Staatssekretariats für Migration. Daran könne auch der Spielerpass nichts ändern, den lizenzierte Spieler vom Fussballverband erhalten. 

Die Angelegenheit ärgert auch den SP-Politiker und FC-Nationalrat-Kicker Matthias Aebischer (51): «Es kann nicht sein, dass Touristen einen Fussballpass erhalten und über Jahre illegal bei einem Verein auf der Spesenliste stehen.»

Der Schweizerische Fussballverband (SFV) spielt den Ball direkt an die Vereine weiter. Diese hätten dafür besorgt zu sein, dass ihre Spieler die notwendigen Bewilligungen haben. «Bei der Spieler-Qualifikation sind der Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungsstatus von Ausländern kein relevantes Kriterium», erklärt SFV-Sprecher Marco von Ah.

Bedeutet: In den häufigsten Fällen kontrolliert nur die Justiz. Meist dann, wenn es zu spät ist. SP-Aebischer dazu: «Es würde reichen, wenn die Klubs dem Verband mit einem einfachen Formular bestätigten, dass der Spieler über die nötige Bewilligungen verfüge.» 

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