Der Überfall im Februar 2014 dauerte nur wenige Minuten – doch bis das Urteil fiel, dauerte es viereinhalb Jahre. Die Fehde der beiden Kickbox-Cracks sprengte jeglichen Rahmen: Über 30'000 Aktenseiten hat die Staatsanwaltschaft in vier Jahren zum Fall gesammelt!
Paulo Balicha (41), Ex-Kickbox-Weltmeister, stand im Mittelpunkt der Anklage. Er hatte das Kampfsportcenter von Shemsi Beqiri (32) in Reinach BL überfallen. Zusammen mit seiner Truppe stürmte er damals das Center, forderte seinen Erzfeind zum Kampf heraus. Seine Truppe hielt die restlichen Anwesenden in Schach.
Lächeln beim Urteil
Am Donnerstag verurteilte ihn das Gericht wegen versuchter schwerer Körperverletzung, einfacher Körperverletzung, Angriffs und mehrfacher Freiheitsberaubung. Balicha erhielt eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten. Zwölf Monate davon sind unbedingt. Die Urteile für die 16 weiteren Angeklagten variieren zwischen Freispruch und 19 Monaten bedingt.
Bei der Urteilsverkündung im Gerichtssaal in Muttenz BL nehmen die angeklagten Männer den Richterspruch gefasst entgegen. Dem einen oder anderen huscht gar ein Lächeln übers Gesicht.
Auch der als Haupttäter angeklagte Balicha nimmt das Verdikt zur Kenntnis, ohne gross die Miene zu verziehen. Hin und wieder senkt der Portugiese seinen Kopf und legt die Hände vors Gesicht.
«Das Gericht ist ein Witz!»
Opfer Shemsi Beqiri bleibt während der Urteilsverkündung ruhig, sitzt still neben seinem Anwalt. Erst draussen bricht es aus dem mehrmaligen Kickbox-Weltmeister heraus: Er hält die Strafe für viel zu mild. Wütend sagt er zu BLICK: «Paulo Balicha ist schon ein Witz, doch das Gericht ist ein noch viel grösserer Witz.» Beqiris Fazit zum Prozess: «Aus einem Mammutprozess wurde ein Miniprozess. Eine traurige Sache.»
Beqiris Anwalt Jascha Schneider ist ebenfalls unzufrieden: «Das Strafmass für den Haupttäter ist definitiv viel zu tief ausgefallen. Man hätte hier ein klares und deutliches Zeichen setzen müssen, dass derartige Ereignisse mit so einer gewaltigen kriminellen Energie in diesem Staat, in diesem Kanton nicht erwünscht sind.»
Paulo Balicha und sein Verteidiger Nicolas Roulet verlassen das Gerichtsgebäude. Der Verurteilte winkt ab, will nichts sagen. Anwalt Roulet sagt zu BLICK: «Ich werde Berufung anmelden.»