Offener Brief gegen Verbot von Tierversuchen
Forscher kämpfen um ihre Labor-Affen

Nationalrätin Maya Graf (54) will Versuche mit Primaten verbieten. Das gefährde den Forschungsstandort Schweiz, befürchten Wissenschaftler.
Publiziert: 24.04.2016 um 12:17 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 05:04 Uhr
251 Affen wurden 2014 bei Testversuchen eingesetzt.
Foto: KEYSTONE/AP/JOERG SARBACH
Von Roland Gamp

Die Schweizer Forschungs-Lobby hat an Nationalrätin Maya Graf (54) keinen Affen gefressen. Per Motion will die Grüne belastende Tierversuche mit Primaten verbieten – selbst solche mit «leichtem» Schweregrad. Dagegen machen die Wissenschaftler jetzt mobil.

Dutzende namhafte Professoren und Doktoren haben einen offenen Brief gegen das Vorhaben unterzeichnet.  Diesen wollen sie jetzt an Parlamentarier, Bundesrat, Verbände und  Ämter verschicken.

Angst um Forschungsstandort

«Wir möchten ein Zeichen setzen», sagt Veterinärmediziner Michael Hottiger (50), Präsident des Vereins «Forschung für Leben». Dieser hat das Schreiben aufgesetzt, das BLICK vorliegt. Darin heisst es: «Ein Verbot von Versuchen mit Primaten würde sowohl dem medizinischen Fortschritt wie auch dem Schutz der Tiere massiv schaden.»

Die Forscher haben Angst, dass der Standort Schweiz an Attraktivität verliert. «Versuche mit Primaten sind beispielsweise in der Immunologie oder der Hirnforschung schlicht unersetzbar», sagt Hottiger. Ein entsprechendes Verbot würde bedeuten, «dass entsprechende Forschungsprojekte künftig im Ausland durchgeführt werden». Und dort würden die Tiere schliesslich viel schlechter behandelt, als in der Schweiz.

Mäuse und Ratten kosten über 100 Millionen im Jahr

Der Schweizer Tierschutz (STS) ist vom genauen Gegenteil überzeugt: «Wer als Standort attraktiv bleiben will, muss schon jetzt auf alternative Methoden setzen», sagt Dr. Julika Fitzi (50), Leiterin der Fachstelle Tierversuche.

Künftig müsse die Forschung umschwenken und vermehrt ohne Tierversuche auskommen. Statt an Affen soll mit Computersimulationen, menschlichen Zellkulturen oder Bakterien gearbeitet werden. «Diese Methoden sind zuverlässiger, präziser, günstiger und schneller», so Fitzi.

Deutschland oder die USA investieren Hunderte Millionen in die Entwicklungen entsprechender Methoden. «In der Schweiz gibt der Bund pro Jahr nur 400'000 Franken dafür aus.» Das sei lächerlich im Vergleich zu den Ausgaben für Tierversuche. «Alleine für den Unterhalt aller Test-Ratten und -Mäuse fallen pro Jahr über 100 Millionen an.» Was dem Standort Schweiz langfristig schade, sei nicht ein Verbot von belastenden Primaten-Versuchen. «Sondern, wenn andere Länder uns überholen, weil sie effektivere Ersatzmethoden entwickeln.»

Graf spricht von «Angstmacherei»

251 Primaten wurden 2014 in der Schweiz bei Versuchen eingesetzt, 131 von ihnen bei belastenden Tests. «Zu behaupten, der ganze Forschungsstandort sei in Gefahr, nur wenn diese belastenden Versuche nicht mehr durchgeführt werden können, ist absurd.»

Graf kritisiert, dass sich die Wissenschaftler auch mit medizinischen Errungenschaften schmücken, welche Versuche mit Affen ermöglicht hätten. «Im offenen Brief wird zum Beispiel HIV erwähnt. Trotz Tausender Affenversuche weltweit konnten sie nichts zu Aods-Impfstoffen beitragen – weil Affen keine Aids-ähnlichen Symptome zeigen.»

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