Im Nationalrat war der Entscheid deutlicher: Der Rat hiess das Gesetz mit 122 zu 64 Stimmen bei 5 Enthaltungen gut, gegen den Willen von SP und Grünen. Er will Detailhändlern in der ganzen Schweiz ermöglichen, an Wochentagen ihre Waren zwischen 6 und 20 Uhr und am Samstag zwischen 6 und 18 Uhr anzubieten.
Ursprünglich war für Samstag 19 Uhr vorgesehen. In diesem Punkt machte der Nationalrat aber eine Konzession an die Gegner, wie es seine Kommission vorgeschlagen hatte. Das beschloss er mit 98 zu 84 Stimmen bei 8 Enthaltungen.
Zur Diskussion stehen Mindestvorgaben: Die Kantone könnten längere Öffnungszeiten erlauben, aber nicht mehr weniger lange vorschreiben. Der Bundesrat hatte das Gesetz im Auftrag des Parlaments vorgelegt. Es geht auf eine Motion von Ständerat Filippo Lombardi (CVP/TI) zurück.
Stimmen beide Räte zu, hätte das längere Öffnungszeiten in rund der Hälfte der Kantone zur Folge. Betroffen wären nur jene Kantone, in welchen heute eine Regelung besteht. In zehn Kantonen ist das nicht der Fall.
Die Befürworter sehen längere Öffnungszeiten als Massnahme gegen den Einkaufstourismus. In den Nachbarländern seien die Bestimmungen liberaler, sagte Christian Lüscher (FDP/GE). Natürlich sei das nicht der einzige Grund für den Einkaufstourismus, aber es verstärke diesen.
Andere Befürworter betonten, die längeren Öffnungszeiten entsprächen einem Konsumentenbedürfnis. Die Welt ändere sich, sagte Isabelle Chevalley (GLP/VD). Viele könnten heute erst am Abend nach der Arbeit einkaufen. Auch das Ja im Kanton Tessin vom Sonntag zu längeren Ladenöffnungszeiten wurde ins Feld geführt. Das geplante Gesetz habe dadurch eine zusätzliche Legitimation erhalten, hiess es.
Die Gegner gaben zu bedenken, dass sich das Stimmvolk in mehreren Kantonen gegen längere Öffnungszeiten ausgesprochen habe. Louis Schelbert (Grüne/LU) sprach von einem «Affront». Die Vorlage sei unföderalistisch, sagte auch Susanne Leutenegger Oberholzer (SP/BL). Ausserdem sei sie kein Mittel gegen den Einkaufstourismus: «Die Leute kaufen wegen der Preise im Ausland ein und sicher nicht wegen der Öffnungszeiten.»
Corrado Pardini (SP/BE) warnte, mit dem Gesetz würden sich die ohnehin schon prekären Arbeitsbedingungen des Verkaufspersonals weiter verschlechtern. Über 90 Prozent der Verkäuferinnen und Verkäufer seien gegen längere Öffnungszeiten. Profitieren würden zudem nur die grossen Betriebe. Für die kleinen und mittleren wäre es eine Belastung, wenn sie das Personal länger beschäftigen müssten, um mit der Konkurrenz mithalten zu können.
Gegen die Regelung auf Bundesebene hatte sich auch die Mehrheit der Kantone gestellt. Die Konferenz der Volkswirtschaftsdirektoren machte geltend, die Pläne verstiessen gegen das Subsidiaritätsprinzip in der Verfassung. Ein Rechtsgutachten kam jedoch zum Schluss, der Bund habe die erforderliche Gesetzgebungskompetenz.
Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann sprach sich für das Bundesgesetz aus. Mit einer moderaten Erweiterung der Öffnungszeiten würden die Rahmenbedingungen für den Detailhandel verbessert, sagte er. In den letzten Jahren seien in dieser Branche Tausende von Stellen verloren gegangen. Aus Sicht des Wirtschaftsministers trägt das Gesetz auch zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei.
Die Vorlage geht nun zurück an den Ständerat, wo sich neben SP und Grünen auch CVP-Vertreter dagegen gestellt hatten. Sollten am Ende beide Räte zustimmen, liegt der Entscheid voraussichtlich beim Stimmvolk: Die Gewerkschaften wollen das Referendum ergreifen.