Oberster Bevölkerungsschützer warnt vor Toten
«Eine Hitzewelle kann uns 5 Mrd kosten»

Benno Bühlmann ist Direktor des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz. Im Interview mit BLICK spricht er über die Risiken einer Hitzewelle und was bei Eintritt einer solchen beachtet werden muss.
Publiziert: 10.07.2015 um 18:56 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 15:34 Uhr
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Der 56-jährige Benno Bühlmann hat 1982 an der ETH Zürich das Studium als Chemie-Ingenieur und 1985 als Naturwissenschaftler abgeschlossen.
Foto: Peter Mosimann
Von Christof Vuille, Nico Menzato (Interview) und Peter Mosimann (Fotos)

BLICK: Sie empfangen uns ohne Krawatte und mit kurzem Hemd. Wie erleben Sie die Hitze?
Benno Bühlmann:
Ich finde es schön, dass es so heiss ist. Vor allem, weil ich mich bestens an den verregneten Sommer 2014 erinnern kann. Endlich kann man wieder baden gehen.

Trotzdem vermiesen Sie uns den Sommer, indem Sie die Hitzewelle als eines der grössten Risiken für die Bevölkerung bezeichnen.Unser Bericht «Katastrophen und Notlagen» hat sich mit der Hitzephase überschnitten, das ist purer Zufall. Wir zeigen 33 Risiken auf, eine Hitzewelle ist eines davon. Klar ist: Es kann noch heisser werden. Und die Thematik wird uns wegen der Klima-Erwärmung künftig wohl noch stärker beschäftigen.

Was sind die negativen Auswirkungen der anhaltenden Wärme?
Im Fall einer wirklich schweren Hitzewelle müssten wir mit vielen vorzeitigen Todesfällen rechnen. Bei der Hitzewelle 2003 gab es in Europa um die 50 000 Todesopfer.

Wer muss besonders auf seine Gesundheit achten?
Alle sollten bewusst und oft Wasser trinken. Speziell aufpassen müssen ältere Menschen. Viele leben alleine und merken kaum, dass es in der Wohnung zu heiss ist. Sie sollten zum Arzt, wenn sie sich nicht gut fühlen. Auch Kranke und Schwangere müssen vermehrt auf die Gesundheit achten.

Die Leute sind gut gelaunt, kaum jemand erachtet die Hitze als Gefahr. Übertreiben Sie?
Nein, keinesfalls. Hitzewellen werden unterschätzt. Viele Personen können nicht zwischen häufig thematisierten Gefahren und wirklich grossen Risiken unterscheiden und erachten daher andere Risiken als grösser. Hinzu kommt die saisonale Aktualität: Wenn ich im November über Hitzewellen rede, interessiert das keinen.

Wie schlimm ist die aktuelle Lage?
Wir sind jetzt noch weit entfernt von einer wirklich grossen Hitzewelle. In unserem Referenzszenario rechnen wir mit noch höheren Temperaturspitzen, mehr Feuchtigkeit und einer wesentlich längeren Dauer. Wenn das eintrifft, haben wir auch wirtschaftlich grosse Schäden: Die Verkehrsinfrastruktur leidet. Asphalt geht kaputt, Gleise verbiegen sich. Durch Trockenheit leidet die Landwirtschaft, im schlimmsten Fall kann die Trinkwasserversorgung Schaden nehmen. Und das Stromsystem gelangt an seine Grenzen. So ein Szenario würde uns insgesamt drei bis fünf Milliarden Franken kosten.

Als grösstes Risiko erachten Sie eine Strommangellage. Erklären Sie das.
Unser Szenario geht davon aus, dass wir über längere Zeit ein Drittel zu wenig Strom haben. Das heisst, dass viele Menschen zu Hause grosse Schwierigkeiten haben, weil bei ihnen regelmässig der Strom ausfällt. Die Folgen sind fehlende Kühlung, keine Kommunikation und so weiter. Dann haben wir ein grosses Problem mit dem Verkehr – die Lebensmittelversorgung würde nicht mehr funktionieren. Es kann kein Geld mehr bezogen werden, der Zahlungsverkehr ist generell gestört. Im Gesundheitswesen kann es zu Einschränkungen kommen. Die Wirtschaft würde massiven Schaden nehmen, wenn die Situation andauert.

Was tun Sie, um so etwas zu verhindern?
Funktionierende Kommunikationsverbindungen sind für die Führungsorganisationen in jedem Fall ein zentraler Faktor. Wir haben festgestellt, dass die Schweiz in diesem Bereich nicht gut aufgestellt ist. Wir brauchen ein sicheres und leistungsfähiges Netz für den Fall von Erdbeben, Pandemien und anderen Notlagen. Der Bundesrat hat uns deshalb beauftragt, mit Partnern abzuklären, was der Bedarf an sicheren Anschlusspunkten ist. Zu diesem Zweck haben wir in diesen Tagen eine Konsultation zu einem sicheren Datenverbundnetz gestartet. Klar ist: Die Kommunikation zwischen Kantonen und Institutionen muss in der Notlage funktionieren.

Als realistisch beurteilen Sie auch eine Flüchtlingswelle. Warum sind Menschen ein Risiko für uns?
Es geht dabei vor allem um die Bereitstellung der erforderlichen Ressourcen, es braucht Unterkünfte, Betreuung, zusätzliche medizinische Kapazitäten. Wenn die Behörden dies nicht mehr mit den normalen Strukturen sicherstellen können, muss beispielsweise der Zivilschutz eingesetzt werden.

Wovor haben Sie persönlich am meisten Angst?
Ich habe Respekt, nicht Angst. Aber es gibt Risiken, auf die ich mein Augenmerk speziell lege. Das sind vor allem die Szenarien Strommangel, Pandemie oder eine wirklich brutale Hitzewelle.

Was sollte im Keller gelagert sein, wenn es zu einer schweren Notlage kommt?
Ein Notvorrat ist sehr wichtig. Dazu gehören die wichtigsten Lebensmittel und viel Trinkbares – nicht nur Wein, sondern auch Wasser! Unabdingbar sind auch eine Taschenlampe und ein Radio, beides mit netzunabhängiger Stromversorgung. Wichtig scheint uns ebenfalls ein Ort, an dem persönliche Dokumente und Bargeld rasch gefunden werden. Was, wenn plötzlich die Bankkarte nicht mehr funktioniert? Für mehr Details haben wir die App Alert Swiss entwickelt. Sie herunterzuladen, lohnt sich!

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