Es war eine traumatisierende Tat. Am 1. Oktober 2014 verprügelte der Eritreer Salomon I.* (25) in Aarau eine junge Frau auf ihrem Heimweg. Die Kauffrau Rahel K.* (30) wollte damals aufrütteln und zeigte ihre Verletzungen im BLICK.
Am 22. April 2015 kam der Asylbewerber vor das Bezirksgericht in Aarau und kassierte neun Monate Knast – unbedingt. Weil er einen grossen Teil der Strafe schon abgesessen hatte, kam er am 29. Juni frei. Nur zwei Wochen nach seiner Entlassung war der Eritreer nach BLICK-Recherchen schon wieder in eine wüste Schlägerei verwickelt!
Sandra Zuber von der Aargauer Staatsanwaltschaft sagt: «Wir können bestätigen, dass ein vorbestrafter 25-jähriger Eritreer am Streit unter Asylbewerbern, der sich am 15. Juli zugetragen hat, beteiligt war.» Motiv und der genaue Tatablauf würden noch abgeklärt.
Laut einer Mitteilung der Kantonspolizei eskalierte um 0.50 Uhr an der Buchserstrasse in Aarau ein Streit unter Eritreern. Ein Mann wurde mit einer Eisenstange geschlagen. Als die Polizei eintraf, lag das Opfer bewusstlos und stark blutend am Boden.Es war Salomon I. – er kam mit schwersten Kopfverletzungen und in kritischem Zustand ins Spital.
Die Polizei nahm nach der Schlägerei fünf Eritreer im Alter zwischen 17 und 26 Jahren fest. Mediensprecherin Sandra Zuber sagt: «Gegen drei involvierte Personen wurde ein Strafverfahren wegen Raufhandels eröffnet. Sie wurden in Untersuchungshaft versetzt.» Das schwer verletzte Opfer sei im hängigen Strafverfahren keine beschuldigte Person. «Somit wurde auch keine Untersuchungshaft angeordnet.»
Ist Salomon I. diesmal «nur» das Opfer? «Kann nicht sein», sagt sein ehemaliges Opfer Rahel K. «Der ist ja nicht einfach von Anfang an dagestanden und hat sich mit einer Eisenstange schlagen lassen.» Er habe vorher sicher auch etwas getan. «Nur schon, dass er dabei war, sagt doch alles.»
Zudem hätten ihn die Landsleute «wohl nicht verprügelt, weil er mit der Attacke auf mich alle Eritreer in ein schlechtes Licht rückte», sagt Rahel K. «Dafür hätten sie nicht über zwei Wochen gewartet.» Für sie steht fest: «Die Behörden haben erneut versagt. Schon damals fragte ich mich, warum der nachts nicht unter Kontrolle ist. Und jetzt wurde nach seiner Freilassung, obwohl er ein vorbestrafter Asylbewerber ist, nicht einmal die Ausschaffungshaft verfügt. Das ist ein Skandal!»
Der übliche Weg: Das Gericht informiert nach einem Urteil die kantonalen Strafvollzugsbehörden und diese das Migrationsamt – auch über das Entlassungsdatum. Das Amt entscheidet vorgängig über Zwangsmassnahmen nach der Entlassung. Ordnet es keine an, kommt der Häftling frei. Hätte es Salomon I. nicht zumindest in Sicherheitshaft setzen müssen? Weder das kantonale Amt für Migration und Integration noch das Staatssekretariat für Migration in Bern geben zum konkreten Einzelfall Auskunft. Amtsgeheimnis. Datenschutzgesetz.
Immerhin lässt die Staatsanwaltschaft Salomon I. nicht aus den Augen. Sprecherin Sandra Zuber: «Sollte sich im Laufe der Ermittlungen herausstellen, dass das Opfer ebenfalls ein Mitverschulden trägt, würde die Staatsanwaltschaft die Sachlage prüfen und den Umständen entsprechend handeln.»
Salomon I. ist immer noch in einer Klinik. Wie es danach weitergeht, wollen die Behörden nicht sagen. So muss Rahel K. weiter ständig damit rechnen, dass sie ihrem Peiniger wieder begegnet: «Ich frage mich, was es noch braucht, bis in unserem Land endlich die im 2010 angenommene Ausschaffungs-Initiative umgesetzt wird?»