Notdurft-Notstand
Den Städten stinkts!

Publiziert: 27.09.2015 um 21:46 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 16:48 Uhr
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Norbert Esseiva, Leiter der Gewerbepolizei Bern, plädiert für mobile Toiletten.
Foto: Peter Gerber
Von Walter Hauser und Katia Murmann

Der Sommer war schön. So schön, dass er in vielen Städten zum Himmel stank: Weil die Gemeinden das Angebot an öffentlichen Toiletten immer weiter verringert haben – aus Spargründen, aber auch, weil es immer wieder Vandalenakte gab –, herrscht nun vielerorts WC-Notstand.

«Es gibt kaum mehr öffentliche WCs», klagt eine Anwohnerin der Aarbergergasse in Bern: «Die Betrunkenen pinkeln hin, wo es ihnen gerade passt!» Die engen Gassen der historischen Altstadt verwandeln sich an den Wochenenden regelmässig in Kloaken.

Ebenso dramatisch tönt es in Luzern. Hinter Büschen und Bäumen unweit des international bekannten Löwendenkmals häufen sich menschliche Exkremente. Für Tourismusdirektor Marcel Perren (48) ist klar: «Solche Bilder schaden unserem guten Ruf als saubere und gastfreundliche Tourismusdestination.»

Das beschauliche Sarnen, wo jährlich Zehntausende zur Grabkapelle von Niklaus von der Flüe pilgern, kämpft nicht weniger verzweifelt gegen die Pinkel-Sünder. Im Ortszentrum werden viele Anlässe gefeiert. Doch ein öffentliches WC gibt es nicht. «Das hatte zur Folge, dass sich Festteilnehmer in den umliegenden Gassen und vor Hauseingängen ihrer Notdurft entledigten», sagt Gemeindeschreiber Max Rötheli (56). Immer wieder gab es Reklamationen von Anwohnern.

Nun hat Rötheli reagiert: Seine Gemeinde schloss mit Erich Frunz, Geschäftsführer des Hotels Metzgern, eine WC-Vereinbarung. Jedermann darf die Toilette des Hotels unentgeltlich benützen. Für Betrieb und Unterhalt zahlt die Gemeinde eine jährliche Entschädigung.

Auf das Prinzip der «netten Toilette» setzt auch Luzern. 17 Restaurants und Hotels machen bereits mit. «Wir optimieren das Angebot auch im Sinne unserer Gäste», sagt Tourismusdirektor Perren. In den letzten anderthalb Jahren habe man das WC-Angebot in der Innenstadt auf diese Weise ausbauen können.

In Bern geht man andere Wege: «Wir bekämpfen das wilde Urinieren mit gezielten Massnahmen», sagt Norbert Esseiva (51), Leiter Orts- und Gewerbepolizei der Stadt. Im Vordergrund stehen mobile Toiletten und sogenannte Urinalständer.

Zürich begegnet dem Notstand vor allem reinigungstechnisch. «Die Herausforderung betreffend Fäkalien, speziell des Urinierens, ist insbesondere nach Grossanlässen da», heisst es bei der Stadtreinigung. Die Reinigungsrhythmen wurden angepasst, ein biologisch abbaubares Anti-Urinmittel ins Arsenal genommen, das die unangenehmen Gerüche beseitigen kann.

Nach dem Prinzip: Wenn es schon nicht genügend Klos gibt und die Wildpinkler nicht in den Griff zu bekommen sind – dann soll es wenigstens nicht stinken.

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