Am 12. Mai 2016 wurde der mutmassliche Vierfachmörder von Rupperswil AG verhaftet. Thomas N.* (33) hatte am 21. Dezember 2015 Carla S.* (†48), ihre Söhne Davin (†13) und Dion (†19) sowie dessen Freundin Simona F.* (†21) brutal getötet (BLICK berichtete). An der Pressekonferenz sprachen Polizei und Staatsanwaltschaft damals von zwei Motiven: Einem finanziellen, weil Carla S. dem Täter Geld von Banken holen musste. Und einem sexuellen, da er den jüngeren Sohn missbrauchte.
Einzig: Wie man N. auf die Spur kam, wurde nie verraten. Genau wie viele weitere Fragen, die in den letzten zwölf Monaten nicht beantwortet wurden. Auch heute will die Verteidigerin von N. nichts sagen. Und Fiona Strebel von der Staatsanwaltschaft sagt nur: «Wir nehmen inhaltlich zu den Erkenntnissen, die wir aus der Strafuntersuchung gewinnen, erst an der Hauptverhandlung Stellung.» Immerhin ergänzt sie, dass das Verfahren weit fortgeschritten sei: «Doch wie in jedem Strafverfahren ist die Dauer von mehreren Faktoren abhängig.»
BLICK hat nachgefragt, welche Punkte gemeint sind. «Es ist ein laufendes Verfahren», sagt der Basler Ex-Kriminalkommissar Markus Melzl (65) und erklärt: «So eines ist grundsätzlich nicht öffentlich.» Heisst: Würde die Staatsanwaltschaft mehr sagen als an der Pressekonferenz, könnte die Verteidigerin von N. geltend machen, «dass dies gegen das Amtsgeheimnis verstosse».
Mindestens zwei Psychiater
Ebenfalls wichtig: Die Gutachten. Laut BLICK-Recherchen wird N. von mindestens zwei Psychiatern befragt. Melzl dazu: «Es gibt nicht so viele gute forensische Gutachter. Und die machen so ein Gutachten nicht in zwei Monaten. Das wäre unseriös.» Leben, Schuldfähigkeit, Verwahrung – alles muss abgeklärt werden. Melzl weiter: «Da der Täter nicht vorbestraft war, dürfte der Fall auch für die Psychiater in dieser Dimension Neuland sein.»
Welche Rolle spielt die Verteidigerin von N.? «Sie wird alles daran setzen, dass jedes Detail abgeklärt wird», so Melzl. Sie kann immer wieder neue Beweisanträge stellen – wie auch die Staatsanwaltschaft. Sprecherin Strebel sagt nicht, welche Parteien von ihren Rechten Gebrauch gemacht haben.
Aber: «Die Parteien haben sowohl Anträge auf Fristverlängerungen wie auch Ergänzungsanträge zur psychiatrischen Begutachtung gestellt.» Zu den Ergänzungsanträgen könnten sich nun alle Parteien äussern. Die Ergänzungsfragen gibt die Staatsanwaltschaft danach in Auftrag, was wiederum Zeit braucht. Wann denn nun endlich Anklage erhoben wird, kann Strebel nicht sagen.
Thomas N. sagt nichts
Rechtlich auch möglich: N. könnte sein Geständnis zurückgezogen haben. «Das passiert auch immer mal wieder», weiss Melzl. «Damit es die Ermittlungsbehörden unter Druck setzt in der Beweisführung.» In der Kritik standen ausserdem die Handy-Massenauswertungen.
Doch Strebel winkt ab: «Uns ist nicht bekannt, dass jemand gegen die Polizei oder die Staatsanwaltschaft Anzeige erstattet hat.» Laut Melzl kann die Verteidigerin von N. auch noch vor Gericht sogenannte Beweisverwertungsverbote beantragen. Jedoch gebe es ja Beweise, dass er bereits eine nächste Tat geplant habe. Melzl ist zudem sicher, dass niemand weiteres direkt oder indirekt etwas mit dem Vierfachmord zu tun hat.
Und Thomas N. selber? Er will zu seinen schrecklichen Taten gegenüber BLICK nichts sagen. Ein Brief an ihn, den er auch erhalten hat, blieb unbeantwortet. * Namen der Redaktion bekannt