Die Zahlen zeigen es deutlich: Noch nie waren die Intensivstationen (IPS) in Schweizer Spitälern über eine lange Zeit so lange so stark ausgelastet wie aktuell. Die Auslastung liegt derzeit bei 80 Prozent (Stand 7. Dezember). Was den Zahlen allerdings auch zu entnehmen ist: Das hat nicht alleine mit Covid-19-Patientinnen und Patienten zu tun – diese belegen 31 Prozent der Betten.
«Im Universitätsspital Zürich (USZ) mussten aufgrund der personellen Engpässe Intensivbetten gesperrt werden», sagt USZ-Sprecherin Manuela Britschgi auf Anfrage von Blick. Die aktuelle Situation ergebe sich nicht primär durch die steigende Anzahl von hospitalisierten Covid-19-Patientinnen und -Patienten, sondern durch professionelle Engpässe und ein allgemein hohes Patientenaufkommen.
Situation wegen Kündigungen verschärft
Die Engpässe haben mehrere Gründe: «Einerseits durch Personal, das gekündigt hat, jedoch auch durch Krankheitsausfälle, Quarantäne und Pensumsreduktionen, die teilweise durch die anhaltende Belastung der Fachpersonen während der Pandemie bedingt sind», heisst es beim USZ weiter. Kurzum: Es wird immer schwieriger, erkrankte Fachkräfte zu ersetzen.
Auch im Berner Inselspital hätten viele gekündigt, sagt Sprecherin Petra Ming auf Anfrage. Der Personalmangel habe sich wegen Kündigungen und Krankheitsausfällen im Vergleich zum Vorjahr verschärft: «Fakt ist, dass wir unsere Betten auf der Intensivstation nicht beliebig ausbauen können. Um zusätzliche Betten betreiben zu können, muss genügend Fachpersonal vorhanden sein. Doch aufgrund des schweizweiten Fachkräftemangels für Intensivpflegepersonal ist es aktuell herausfordernd, neues Personal anzustellen», sagt Ming. Für ein Vollbetrieb fehlt auch hier das Personal.
Verschiebungen nur, wenn es keine Alternative gibt
Müsste die IPS ausgebaut werden, bräuchte es Personal aus der Anästhesie. Das würde bedeuten, dass am Inselspital einmal mehr nicht-dringliche Operationen verschoben werden müssten. Auch am USZ verschiebe man Operationen nur, wenn es keine anderen Möglichkeiten gebe. Denn: «Jeder Aufschub birgt potenziell das Risiko einer Verschlechterung des Zustands der Patientin oder des Patienten», sagt Britschgi.
Sowieso würden Verschiebungen nur dann Entlastung auf den IPS bringen, wenn es sich um Operationen handle, bei denen nach dem Eingriff ein Aufenthalt auf der IPS für die Patienten angezeigt sei – also bei grossen Operationen aufgrund von schweren Erkrankungen.
Das Unispital Basel musste sein Operationsprogramm bisher nicht reduzieren. Nur hochselektive Eingriffe, etwa im Falle einer schrägen Nasenscheidewand oder Ähnlichem, werden seit Mitte November reduziert, sagt Mediensprecherin Caroline Johnson. Ausserdem sei die Augenklinik für stationäre Patientinnen und Patienten geschlossen worden, damit die Pflegenden in anderen Bereichen eingesetzt werden können. Dabei handele es sich um 6 bis 10 Betten.
Geimpft/ungeimpft spielt bei Triage keine Rolle
Aber: Wie lange kann man zum Beispiel eine an Krebs erkrankte Person für einen Platz auf der IPS vertrösten oder eine Behandlung gar aufschieben? «Es werden am Unispital Basel keine Behandlungen von Krebspatientinnen und Krebspatienten aufgeschoben. Dies gilt auch für andere schwere Erkrankungen», sagt Johnson weiter.
Auch beim USZ heisst es, man könne diese Frage nicht so allgemein beantworten: «Das ist sehr individuell. Im Falle einer Triage wird individuell nach definierten Kriterien beurteilt.» Ob jemand geimpft oder ungeimpft ist, spiele dabei keine Rolle. Eine Triage würde also nicht nur Covid-Patienten betreffen.
«Die Situation im Inselspital ist nach wie vor sehr angespannt», sagt Ming. Dem Personal im Inselspital gelinge es mit viel Aufwand, den Betrieb auf der IPS zu stemmen: Aber «Wir rechnen in den nächsten Tagen und Wochen mit einem starken Anstieg der Hospitalisationen und damit mit einer maximalen Auslastung der zertifizierten intensivmedizinischen Betten.».