Bekanntlich stehen Szenarien im Raum, dass Russland seine Gaslieferungen einstellt oder dass der Westen als Sanktionsmassnahme beschliesst, kein Gas mehr aus Russland zu importieren. «Darauf muss man sich vorbereiten», sagt Thomas Hegglin vom Verband der Schweizerischen Gasindustrie (VSG) auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP.
Ein Ausfall der russischen Gaslieferungen wäre in Europa nicht vollständig kompensierbar, jedenfalls nicht kurzfristig und nicht ohne Verbrauchsreduktionen. Die Schweiz hätte in diesem Szenario immerhin aber einen wichtigen Vorteil, da sie noch Gas aus dem Süden beziehen könnte. Über Italien könnte sie Gas aus Nordafrika und Aserbeidschan erhalten.
Falls in der Schweiz eine Mangellage eintreten sollte, treffe der Bund «Bewirtschaftungsmassnahmen». Dazu gehören etwa die Umschaltung von Verbrauchern mit Zweistoff-Anlagen (in denen sich Erdgas durch Heizöl ersetzen lässt), Sparappelle und die Kontingentierung von Grossverbrauchern.
Derzeit sei die Versorgungssicherheit in der Schweiz mit Gas allerdings weitgehend gesichert, sagt Hegglin. Für die Industrie dürfte genügend Gas vorhanden sein, auch wenn sich die Preise auf einem ausserordentlich hohen Niveau befänden.
Vorbereitungen auf den kommenden Winter
Die grosse Herausforderung sei indes, die Gasversorgung für den kommenden Winter zu sichern. Bereits Anfang März hatte der Bundesrat deshalb Massnahmen beschlossen. Gasunternehmen sollen demnach rasch gemeinsam Gas, Gasspeicherkapazitäten, Flüssiggas (LNG) und LNG-Terminalkapazitäten beschaffen können, ohne kartellrechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen.
Die Gaswirtschaft will dem Bundesrat laut Hegglin in den kommenden Wochen - zusammen mit den zuständigen Departementen und Behörden - einen Lösungsvorschlag machen.
Reduktion von russischen Gasimporten
Hierzulande wird kein Erdgas gefördert, weshalb der gesamte Bedarf importiert werden muss. Ausserdem hat die Schweiz keine kommerziellen Gasspeicher. Das Land kauft sein Gas vor allem an den Handelspunkten in den Nachbarländern Deutschland, Frankreich und Italien sowie in den Niederlanden. 2020 stammte laut Verbandsstatistik knapp die Hälfte des Schweizer Gases aus Russland. Knapp ein Viertel lieferte Norwegen und ein Fünftel die EU. Algerien machte noch 3 Prozent der Lieferungen aus.
Die EU will die russischen Gasimporte bis Ende des Jahres um zwei Drittel im Vergleich zum Vorjahr reduzieren. Mehr als 40 Prozent des importierten Gases kommt aus Russland; besonders Deutschland ist von den russischen Importen abhängig. Die Schweiz hat einen im Vergleich eher geringen Gasverbrauch. Vom hiesigen Energiebedarf macht der Rohstoff rund 15 Prozent aus.
Wegen des Einmarschs Russlands in der Ukraine vor sechs Wochen haben die EU-Staaten als Teil neuer Sanktionen am Donnerstag bereits einem Importstopp für russische Kohle zugestimmt. Es soll allerdings eine Übergangsfrist von vier Monaten geben.
(SDA)
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