Die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) betreiben bei der Umsetzung des Inländervorrangs pure Arbeitsverweigerung. Dieser Ansicht sind viele Arbeitgeber.
Denn: Bei Stellen von Berufsarten, bei denen die Arbeitslosenquote über acht Prozent liegt, müssen Arbeitgeber einheimischen Arbeitslosen fünf Tage Vorsprung für eine Bewerbung geben. Während dieser Frist darf eine Stelle nicht öffentlich ausgeschrieben werden.
Die RAV sind verpflichtet, in dieser Zeit Arbeitgebern Dossiers von passenden Arbeitslosen zu vermitteln. Doch viel zu oft verstreicht die Frist, ohne dass nur eine einzige Bewerbung eintrudelt.
Kein Wunder - die Arbeitslosenquote in der Schweiz ist extrem niedrig. Im Mai betrug sie 2,3 Prozent. Man spricht von Vollbeschäftigung.
Kontaktaufnahme über Onlineplattform klappt selten
Vielleicht auch aufgrund dieser komfortablen Situation ist man etwa im Kanton St. Gallen der Ansicht, dass die Arbeit der RAV mit dem Angebot der neuen Onlineplattform job-room.ch bereits erledigt sei. Zusätzliche Vermittlungsbemühungen? Unnötig!
Auf der Onlineplattform finden Arbeitslose offene, meldepflichtige Stellen. Auch können sie sich registrieren und ihre Kontaktinformationen für Arbeitgeber aufschalten.
Doch für die Kontaktaufnahme funktioniert job-room.ch offenbar nur schlecht. Das merkt, wer sich mal einen halben Tag in ein Büro eines Personalvermittlers setzt und ihm bei der Arbeit zusieht. Renato K.*, Eigentümer eines Personalvermittlungsbüros: «Die Arbeitsverweigerung der RAV ist das eine - schlimm ist aber auch, dass wir Arbeitslose, die wir dank des neuen Tools direkt anrufen können, in neun von zehn Fällen schlicht nicht erreichen können.»
Der Inländervorrang gilt seit Juli 2018. Firmen, die Stellen ausschreiben für Branchen, in welcher eine Arbeitslosenquote von über acht Prozent herrscht, sind seither verpflichtet, die Stellen zuerst den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) zu melden. Die haben fünf Tage Zeit, den Firmen geeignete Stellensuchende vorzuschlagen. Die Firmen können Vorschläge der RAV aber ohne Begründung ablehnen - sie sind nicht verpflichtet, inländische Arbeitssuchende anzustellen.
Eine Meldepflicht besteht bei frei werdenden Stellen unter anderem für Küchenpersonal, Bauhauptgewerbe, Produktionsjobs - aber auch für Schauspieler und PR-Fachleute. Insgesamt gibt es aktuell für 19 Berufsarten eine Meldepflicht.
Der Vorsprung von fünf Tagen soll Schweizer Arbeitssuchenden einen Vorteil gegenüber Arbeitssuchenden aus dem Ausland verschaffen. Etwa bei Stellen, die schnell besetzt werden müssen. Vor allem in der Produktion, in der Gastronomie oder in der Landwirtschaft kann das der Fall sein.
Ab Januar 2020 werden weitere Berufsarten hinzukommen. Dann nämlich gilt die Meldepflicht bereits ab einer Quote von fünf Prozent. (fr)
Der Inländervorrang gilt seit Juli 2018. Firmen, die Stellen ausschreiben für Branchen, in welcher eine Arbeitslosenquote von über acht Prozent herrscht, sind seither verpflichtet, die Stellen zuerst den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) zu melden. Die haben fünf Tage Zeit, den Firmen geeignete Stellensuchende vorzuschlagen. Die Firmen können Vorschläge der RAV aber ohne Begründung ablehnen - sie sind nicht verpflichtet, inländische Arbeitssuchende anzustellen.
Eine Meldepflicht besteht bei frei werdenden Stellen unter anderem für Küchenpersonal, Bauhauptgewerbe, Produktionsjobs - aber auch für Schauspieler und PR-Fachleute. Insgesamt gibt es aktuell für 19 Berufsarten eine Meldepflicht.
Der Vorsprung von fünf Tagen soll Schweizer Arbeitssuchenden einen Vorteil gegenüber Arbeitssuchenden aus dem Ausland verschaffen. Etwa bei Stellen, die schnell besetzt werden müssen. Vor allem in der Produktion, in der Gastronomie oder in der Landwirtschaft kann das der Fall sein.
Ab Januar 2020 werden weitere Berufsarten hinzukommen. Dann nämlich gilt die Meldepflicht bereits ab einer Quote von fünf Prozent. (fr)
BLICK macht den Test
Diesen Dienstag suchte K. etwa für einen Betrieb einen Schreiner. Ab sofort, 100 Stellenprozente. BLICK macht mit Renato K. den Test: Wie lange wird es gehen, bis er die Stelle besetzen kann? Immerhin: 68 Arbeitslose aus der Region kommen laut job-room.ch für diese Stelle infrage. Klingt machbar.
Bloss: Nach einer guten Stunde Telefonieren hat gerade mal ein einziger Arbeitsloser überhaupt erst das Telefon abgenommen. Bei den restlichen Arbeitssuchenden meldet sich nur die Combox. Und das an einem verregneten Dienstag. Bei schönem Wetter sei es fast unmöglich, einen Stellensuchenden via job-room.ch zu erreichen, sagt K. «Vielleicht, weil sie in der Badi sind.»
Selbst Anfragen per Mail oder Combox-Nachrichten werden ignoriert. Für K. ist das trister Alltag. «Bis zu 100 Telefonate mache ich im Extremfall pro Tag, um einen Mitarbeiter für eine offene Stelle zu finden», sagt er.
«Was vom RAV kommt, ist meistens ein Witz»
Davon kann auch Barbara Löffel vom Gasthaus Ochsen in Münsingen BE ein Lied singen: Sie sucht aktuell einen Koch. Löffel ist frustriert: «Ich habe nur wenige Bewerbungen, die übers RAV kommen. Und wenn, sind die Bewerber schlicht nicht brauchbar für den ausgeschriebenen Job.» Auch werde sie immer mal wieder von eingeladenen Bewerbern versetzt. Kurz: «Was vom RAV kommt, ist meistens ein Witz.»
Bei Roland Bochsler aus Sins AG tönt es gleich. Er sucht derzeit für die Botanica AG einen Produktionsmitarbeiter. «Die wenigsten Bewerbungen, die übers RAV kommen, sind wirklich brauchbar», sagt er.
Und Markus Wüthrich von der Wüthrich Brüterei AG in Belp BE sagt: «Selbst bei Stellen mit vielen gemeldeten Arbeitslosen ist es eine grosse Herausforderung, tatsächlich jemand Geeignetes zu finden.»
Bigler: «So bringt der Inländervorrang nichts als Bürokratie»
Hans-Ulrich Bigler, Präsident des Schweizer Gewerbeverbandes, wundert sich nicht: Gerade in der Bau- und Gastrobranche seien wohl viele Arbeitslose gemeldet, die hätten aber häufig gar kein Interesse an einem neuen Job. «Das höre ich immer wieder. Es zeigt, dass dieser starre Inländervorrang bei offenen Stellen so nichts ausser Bürokratie bringt», sagt Bigler. Angesichts der tiefen Arbeitslosenquote müssten die RAV viel flexibler auf die Meldepflicht reagieren können.
Stattdessen kommt es ab 2020 für Arbeitgeber aber noch dicker: Dann gilt die Meldepflicht mitsamt Wartefrist schon für Berufsarten ab einer Arbeitslosenquote von fünf Prozent. «Die Probleme werden sich dann noch vergrössern», ist sich Bigler darum sicher.
* Name geändert