Neue Milliarden-Löcher in den Pensionskassen
Nochmals 17% weniger Rente

Bundesrat Alain Berset will den Umwandlungssatz senken, was Skepsis bei Experten auslöst.
Publiziert: 14.11.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 13:47 Uhr
Bundesrat Alain Berset will den Umwandlungssatz senken, was Skepsis bei Experten auslösen. Doch die Reformarbeiten verlaufen ohnehin schon schleppend.
Von Guido Schätti

Die Pensionskassen sind in Schieflage. Die Sparguthaben reichen nicht, um die Rentenversprechen einzulösen. Die tiefen Zinsen drücken auf die Renditen. Und weil wir länger leben, steigen die Kosten der Kassen.

Die Zeche zahlen die Werktätigen: Mit 3,5 Milliarden Franken subventionieren sie pro Jahr die Pensionierten. Das hat die Versicherung Axa Winterthur für 2014 berechnet.

Bundesrat Alain Berset will verhindern, dass die Jungen weiter geschröpft werden. Sein Plan: Der Umwandlungssatz soll von 6,8 auf 6,0 Prozent gesenkt werden.

Die Zahl gibt an, in welchem Verhältnis das angesparte Kapital in eine Rente umgewandelt wird. Beispiel: Bei einem Satz von 6,8 Prozent werfen 250'000 Franken jährlich 17'000 Franken ab. Bei 6,0 Prozent schrumpft die Rente auf 15'000 Franken – minus zwölf Prozent!

Doch Bersets Reform könnte schon überholt sein, bevor sie durchs Parlament ist. Das zeigt eine Studie von Tower Watson, einer Beratungsfirma für Pen­sionskassen. Bei einem Branchenanlass sprach Towers-Watson-Expertin Ljudmilla Bertschi letzte Woche Klartext.

Die geplante Absenkung auf 6,0 Prozent genüge nicht, um den Renditeausfall durch die tiefen Zinsen aufzufangen, rechnete sie vor. Gemäss Bertschi wird der technische Zinssatz bis 2020 von heute 3,0 Prozent auf 1,75 Prozent sinken.

Die Folge: Der Umwandlungssatz sinkt auf fünf Prozent oder noch weniger. Statt 15'000 Franken wirft ein Kapitalstock von 250'000 Franken nur noch 12 500 Franken jährlich ab. Dies bedeutet eine weitere Rentenkürzung um 17 Prozent!

«Das ist ein Dammbruch», sagt Doris Bianchi, BVG-Spezialistin beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB). «In der zweiten Säule zahlen die Leute immer mehr ein, die Leistungen werden aber immer geringer.»

Als Ausgleich fordert sie ­einen Ausbau der AHV. Dort werde das Geld nicht durch tiefe Zinsen aufgefressen, sondern komme den Rentnern zugute. «So können wir die Abwärtsspirale stoppen. Die Leute sind auf eine anständige Rente ange­wiesen.»

Für den Arbeitgeberverband ist dies der falsche Weg. Weil in Zukunft weniger Erwerbstätige für mehr Rentner aufkommen müssten, öffneten sich auch in der AHV Milliardenlöcher. «Ein Ausbau wäre unverantwortlich», sagt Martin Kaiser, Leiter Sozialpolitik beim Arbeitgeberverband. Die Reform der Altersvorsorge müsste rasch angepackt werden.

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