Die Erlösung kommt aus dem sonnigen Kalifornien: Bei einer US-Kurierfirma nahe San Diego hat eine Organisation namens «Gladd Group» ein Postfach gemietet. Die Adresse ist im Internet.
Wer 60 Dollar (knapp 70 Franken) in einen Briefumschlag steckt und ihn an diese Adresse schickt,
bekommt ein Todespaket zurück. Keine weiteren Fragen. Inhalt: Ein «Helium hood kit», bestehend aus Plastiksack («Exit bag») und Anleitung.
Darin sind alle nötigen Schritte für den Exitus aufgelistet: Für den Sack-Suizid brauchts noch zwei
Flaschen des Edelgases Helium, bekommt man in jedem Party-Fachgeschäft. Den luftdichten Spezialsack streift man über den Kopf und leitet das Gas hinzu.
Die Methode ist bekannt: Anfang Jahr schickte die umstrittene Sterbehilfeorganisation Dignitas vier Kunden per Helium in den Tod. Zwar nicht mit einem Plastiksack, sondern mit einer Maske. Das Prinzip ist das gleiche.
Zeugen beschreiben den Helium-Tod als «grausam»: Der Körper zucke «Dutzende Minuten» lang weiter (im BLICK).
«Würde dieser Weg wirklich erstmals beschritten, käme dies möglicherweise dem Öffnen der Büchse der Pandora gleich», drohte Dignitas-Gründer Ludwig A. Minelli (75) vor seiner ersten Helium-Begleitung dem Zürcher Kantonsarzt. Denn mit dem Bekanntheitsgrad der Sterbemethode Helium steige auch die Zahl der Suizide.
Minelli wollte erreichen, dass der Kantonsarzt Dignitas gegenüber die Vorschriften lockert. Vergebens. Tage drauf starb der erste Dignitas-Kunde in Schwerzenbach ZH.
Die Do-it-yourself-Variante mit dem Plastiksack und den Heliumflaschen funktioniert: Derek Humphry, Autor des Sterbehilfe-Ratgebers «Final Exit» empfiehlt sie sogar.
Auch die Beschaffung des Sacks aus Kalifornien funktioniert tadellos: Ein Reporter der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» hat sich einen Exit-Bag bestellt. «Möchte beispielsweise ein liebeskranker Jugendlicher auf diese Weise aus dem Dasein scheiden, genügen zwei E-Mails, das Ausfüllen eines Bestellscheins und die Bezahlung mit einer Handvoll Dollar», schreibt der Journalist.
Die 60 Dollar sind gegenüber dem Dignitas-Listenpreis von 10000 Franken (laut Minelli 3000 Franken für die Vorabklärungen, «das grüne Licht», 3000 für die eigentliche Begleitung, 1500 für Behördenkosten, 500 für den Arzt, 2000 Franken Bestattungskosten) ein Schnäppchen.
Ludwig A. Minelli hat die Pandora-Büchse aufgedreht – auch in eigener Sache. Noch darf Dignitas im Schwerzenbacher Geschäftshaus operieren. Doch der Vermieter hat die Sterbehilfeorganisation per Mitte nächsten Jahres rausgeschmissen. Wegen der Helium-Methode. Das neue Dignitas-Zentrum in Wetzikon ZH ist derzeit noch blockiert. «In den nächsten Tagen kommt ein erster Entscheid», sagt Gemeindeschreiber Marcel Peter.
Wenn der Todes-Sack der Amis Erfolg hat, gehen Dignitas womöglich die Kunden aus.