Exzentrisch, engagiert und emanzipiert: Megan Rapinoe (34) polarisiert – schon auf den ersten Blick. Die lesbische Kapitänin der US-Frauen-Fussballnationalmannschaft war der Star der WM in Frankreich. Die Sportlerin und LGBT-Aktivistin wird als Superheldin gefeiert, die «Washington Post» betitelte sie gar als «Captain America».
Im WM-Final gegen die Niederlande führte die US-Offensivspielerin ihr Team zum vierten Titel. Mit dem Goldenen Ball als beste Spielerin, dem Goldenen Schuh als beste Torschützin und dem Pokal machte die Kalifornierin ihren Trophäen-Hattrick perfekt. Die Arme wie Flügel ausgebreitet, nach oben gestreckt und mit stolzem Blick: Das Bild von Rapinoes Torjubel ging um die Welt. Doch die Mittelfeldspielerin des Reign FC machte nicht nur auf, sondern auch abseits des Spielfelds von sich reden.
Klare Kante – auch gegenüber dem US-Präsidenten
Kurzum: Rapinoe ist die Frau der Stunde. Für sie ist Frauenfussball ein Teil der Frauenbewegung. Sie steht für liberale Werte, Lohngleichheit und LGBT-Rechte. Besonders ihr medialer Schlagabtausch mit dem US-Präsidenten sorgte für Furore: In ihr hat Donald Trump eine neue Sparringpartnerin gefunden. Im Kampf gegen Homophobie, Rassendiskriminierung und für Gleichberechtigung nutzt sie das Rampenlicht und nimmt kein Blatt vor den Mund. Dafür wird sie auch in der Schweiz gefeiert.
Nati-Spielerin und VfL-Wolfsburg-Akteurin Lara Dickenmann (33) kennt die US-Kapitänin von ihrer gemeinsamen Zeit bei Olympique Lyon, wo Rapinoe 2013/14 spielte. «Sie ist cool, offen, hat viel Energie und ist unglaublich bodenständig. Einfach ein ganz normaler Mensch», sagt Dickenmann zu BLICK. Doch: «Megan hat zwei Seiten – im Positiven. Eigentlich ist sie eine ruhige Person, im Rampenlicht kann sie dann aber komplett umswitchen. Sie hat schon immer gesagt, was sie denkt und woran sie glaubt. Das habe ich schon damals sehr an ihr bewundert.»
Sprachrohr einer ganzen Bewegung
Rapinoe kämpft schon seit Jahren unermüdlich für ihre Überzeugungen. «Megan ist nicht erst mit dem Erfolg auf den Zug aufgesprungen. Sie war schon lange davor eine Vorreiterin. Ich bin ganz bei ihr. Ich finde super, was sie macht. Sie ist in der besten Position, etwas zu bewegen», sagt die Schweizer Nati-Spielerin.
Erst im Frühling klagten Rapinoe und das Frauenfussball-Team gegen den US-Fussballverband: weil sie 40 Prozent weniger Lohn bekommen als ihre männlichen Kollegen. Auch Dickenmann ist die Lohnproblematik nicht unbekannt: «In der Schweiz kann man vom Frauenfussball allein nicht leben. Eine Nati-Kollegin hat mir mal gesagt, dass sie pro Jahr 10'000 bis 15'000 Franken von ihrem normalen Lohn verliert, weil sie als Amateur-Fussballerin spielt, wenig bis kein Geld damit verdient und für Spiele dann oft unbezahlt freinehmen muss.»
Gefeierter Star auf Sieges-Parade in New York
Rapinoes Forderung an die Gesellschaft ist klar: «Wir müssen besser sein. Wir müssen mehr lieben, weniger hassen. Wir müssen mehr zuhören, weniger selbst reden», sagte sie bei ihrer bewegenden Rede anlässlich der Siegesparade des US-Frauen-Nationalteams in Manhattan, New York. Denn: «Es ist unsere Verantwortung, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.»
«Sie ist Sprachrohr einer ganzen Bewegung. Sie hat sich gegen die US-Regierung und den Präsidenten gestellt. Ich bewundere Megan und danke ihr für ihren Mut», schwärmt Nati-Spielerin Dickenmann.