Er stand versteckt auf dem Pannenstreifen. 76 Tage lang. Der graue Radarkasten von Walenstadt SG nahm alle Autofahrer ins Visier. Mit Erfolg – Tausende wurden geblitzt. Darunter auch Prominente wie die mehrfache Sportlerin des Jahres, Ariella Kaeslin (31). Sie war nicht das einzige bekannte Opfer. Nach BLICK-Informationen war unter den Zuschnellfahrern auch alt Regierungsrat Hans Ulrich Stöckling (78). Er sass als FDP-Mann 20 Jahre im St. Galler Regierungsrat und war acht Jahre lang der oberste Erziehungsdirektor der Schweiz.
Er wurde an einem Oktober-Nachmittag vom gleichen Radarkasten geblitzt wie Ex-Turnerin Kaeslin: Der Tacho seines Mercedes zeigte 117 Stundenkilometer an – 37 km/h zu viel. Die Autobahn-Geschwindigkeit wurde wegen einer Sanierung auf 80 Kilometer pro Stunde beschränkt.
Auch Stöckling hatte den Tempomat drin
Ergebnis: Der Politiker wurde wegen grober Verletzung der Verkehrsregeln zu einer bedingten Geldstrafe sowie zu einer Busse von 2200 Franken verurteilt. Stöckling – selbst Jurist, akzeptierte das Urteil der Staatsanwaltschaft. Trotzdem sagt er zu BLICK: «Das ärgert mich sehr! Die Signalisation der Geschwindigkeitsbeschränkung war schon grenzwertig.»
Stöckling wunderte sich über den Blitzer an jenem Oktober-Nachmittag: «Ich hatte den Tempomaten drin. Ausserdem schlug mein Fahrassistent, der Strassenschilder selbst erkennt, keinen Alarm.» Geblitzt habe es nämlich gleich beim Baustellen-Beginn. Ergo: «Da war es zu spät, um abzubremsen.»
Mit dem Resultat, dass er seinen Führerschein vorerst los ist. Die Staatsanwaltschaft anerkannte immerhin, dass der alt Regierungsrat zuvor nie wegen Strassenverkehrsdelikten vor Gericht stand: Zur Geldstrafe von 9000 Franken wurde eine Probezeit von zwei Jahren gesprochen.
Fast 38'000 Autofahrer geblitzt
Der FDP-Politiker und die Ex-Turnerin sind nur zwei von knapp 38'000 Autofahrern, die vom Radarkasten auf der A3 geblitzt wurden. Die Kantonspolizei St. Gallen teilt auf BLICK-Anfrage mit, dass zwischen Ende August und Mitte November 37'348 Bussen und 638 Anzeigen wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen verschickt wurden.
Ein hoher Wert – bei dem alles rechtens lief. Das Bundesamt für Strassen (Astra) sagt, dass die Autofahrer korrekt und mehrfach auf die Geschwindigkeitsreduktion hingewiesen wurden. Und: Das Astra konnte auf Anfrage den Standort jedes Verkehrsschildes mit Bild und metergenauen Angaben belegen.
Das dürfte den St. Galler Säckelmeister jubeln lassen: Summa summarum spülte der Radar in nicht mal drei Monaten rund 2,4 Millionen Franken in die Staatskasse.