Nach Terror-Attacke in Manchester
Schweizer Open Airs rüsten auf

Für die Open-Air-Saison rüsten Schweizer Konzertveranstalter nach den Anschlägen von Manchester auf.
Publiziert: 28.05.2017 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 13:55 Uhr
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Auch dieses Jahr wird während des Paléo die Asse-Ebene täglich voll sein: Das Festival war am heutigen Mittwoch nach zwei Stunden ausverkauft.
Foto: LAURENT GILLIERON
Dominik Hug und Cyrill Pinto

In knapp zwei Wochen geht es los: Dann beginnt mit dem Greenfield Festival in Inter­laken BE die Open-Air-Saison. Hunderttausende Musikfans werden an Dutzende Festivals im ganzen Land pilgern.

Der Anschlag in Manchester (GB) allerdings beschert den Veranstaltern Kopfzerbrechen. «Es wäre naiv zu glauben, dass es in der Schweiz nicht zu einer solchen Tragödie kommen könnte», sagt Stefan Matthey (50), Organisator von Rock the Ring in Hinwil ZH. «Wir müssen auf alles vorbereitet sein.» Entsprechend gross seien die getroffenen Vorkehrungen.

«Notfalls einen Anlass absagen»

Derzeit gilt in Europa erhöhte Terrorgefahr. «Auch in der Schweiz, das ist klar», sagt Marco Cortesi von der Zürcher Stadt­polizei. Für eine Beurteilung der Lage stehe man deshalb in intensivem Austausch mit dem Geheimdienst und dem Bundesamt für Polizei. «Würde es konkrete Hinweise auf einen geplanten Anschlag geben, würden wir notfalls auch einen Anlass absagen», so Cortesi. «Das ist im Moment aber kein Thema und auch noch nie vorgekommen.»

Und doch – wegen der drohenden Gefahr rüsten viele Veranstalter auf: Bei den Open-Air-Shows von Guns N’Roses am 7. Juni und Depeche Mode am 18. Juni im Letzigrund-Stadion in Zürich werden sich sämtliche Besucher einem Ganzkörpercheck (im Polizeijargon «Full Body Check») unterziehen müssen.

Körperscanner wie am Flughafen

Derzeit wird noch geprüft, ob sogar Körperscanner wie an Flughäfen zum Einsatz kommen. «Wir müssen alles Menschenmögliche unternehmen, damit die Besucher sicher sind», erklärt Marek Lieberberg (71) von Live Nation, der dieses Jahr ei­nige der grössten Shows in der Schweiz präsentiert.

Für ähnliche Mega-Anlässe in Deutschland – beispielsweise Rock am Ring oder Rock im Park – hat Lieberberg schon am Freitag Veränderungen bei der Einlasskontrolle angekündigt. So ist das Mitbringen von Getränken erstmals komplett untersagt. Dafür stehen auf dem gesamten Gelände kostenlose Trinkwasserspender.

Ebenfalls neu ist, dass Handtaschen und Rucksäcke verboten sind. Ausnahme: Bauch- oder Gürteltaschen. Dürfen wir auch hierzulande bald keine Hand­taschen mehr an Konzerte mitbringen? «Als Folge des modernen Terrorismus wird es auch in der Schweiz eher früher als später so sein, dass man an Open Airs nur noch das Notwendigste wie Handy, Portemonnaie und Schlüsselbund bei sich tragen darf», sagt Lieberberg. 

Scharfschützen auf Dächern

Die Einlassregeln an Schweizer Open Airs seien schon seit Jahren überaus streng, sagt Veranstalter Philippe Cornu (Seaside Festival). «Wir lassen beim Eingang jeden Rucksack durchsuchen.» Mitunter kommen mobile Gepäck-Röntgenanlagen zum Einsatz, wie sie 2016 schon am Open Air St. Gallen zu sehen waren.

Ein anderes bekanntes Schweizer Open Air wurde von der zuständigen Behörde darüber informiert, dass heuer erstmals Scharfschützen auf den umliegenden Häusern positioniert werden sollen. «Diese Massnahme mag extrem tönen, sie dient aber einzig und allein dem Schutz der Musikfans», sagt der Veranstalter, der nicht namentlich genannt werden will.

Betonblöcke und Polizeisperren am Moon & Stars

Bereits vor dem jüngsten Attentat haben die meisten Organisatoren strengere Sicherheitsauflagen erhalten. Das Moon & Stars in Locarno TI muss 2017 erstmals sämtliche Zufahrtsstrassen mit Betonblöcken oder durch die örtliche Polizei sichern lassen. «Solche Vorkehrungen sind nach heutigem Wissensstand leider nötig», sagt Veranstalter Dani Büchi (39). «Sie sollen einem friedlichen Fest aber keinen Abbruch tun.» Das gilt auch für alle anderen Schutzmassnahmen.

Nicht realisierbar sind solche an der Zürcher Street Parade. Die Polizei muss ihr Konzept der erhöhten Gefahrenlage anpassen: Besucher der Parade waren schon 2016 an neuralgischen Punkten mit Strassensperren und schwer bewaffneten Polizisten konfrontiert. «Am Ende gibt es aber keine hundertprozentige Sicherheit», sagt Marco Cortesi.

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