Auf einen Blick
- Influencer Joung Gustav hat am 11. Mai 2024 auf der Zürcher Chinawiese mit einer Drohne Geld abgeworfen
- Die Aktion war ein PR-Stunt für seine Getränkefirma
- Nach dem Geldabwurf begann die Polizei zu ermitteln und die Behörden eröffneten drei Verfahren
- Ein Verfahren ist nun abgeschlossen und Gustav hat einen Strafbefehl erhalten
«Bleibt ruhig», ruft ein Mann mit goldener Maske ins Megafon. Dann wiederholt er: «Bleibt ruhig, ihr müsst einfach chillen.» Es ist der 11. Mai 2024, ein sonniger Abend, und gleich wird es Geld regnen. Hunderte Menschen haben sich auf der Chinawiese am Zürichseeufer versammelt. Alle Augen richten sich gen Himmel. Einer hält einen umgekehrten Schirm in die Höhe, offenbar in der Hoffnung, seine Fangquote zu steigern. Was dann kommt, wird für den Mann mit der goldenen Maske – ein Schweizer namens Joung Gustav (32) – juristische Folgen haben.
Um 19.00 Uhr erscheint eine Drohne am Himmel. Zuerst schwebt sie nur über den Köpfen, dann öffnet sich ihre Ladung und bündelweise Zehnernoten flattern herab. Insgesamt 24’000 Franken in bar. Auf Videos, die später in den sozialen Netzwerken kursieren, sind Jugendliche zu sehen, die rennen, fuchteln und schreien. Im Getümmel kommt es zu einem tragischen Zwischenfall: Ein Zwölfjähriger wird mit einem Messer am Bauch schwer verletzt.
Der Junge muss für einige Tage ins Spital und die Polizei beginnt zu ermitteln. Die Behörden eröffnen drei Verfahren, darunter wegen möglicher Verstösse gegen Drohnen- und Bewilligungsvorschriften. Mittlerweile ist eines dieser Verfahren abgeschlossen, wie Blick weiss, und Joung Gustav hat einen Strafbefehl kassiert.
Geldregen war ein PR-Stunt
Gustav ist für viele aus der Generation Z ein Vorbild, eine Art Superstar. Allein auf Tiktok hat er 5,5 Millionen Follower. Bekannt wurde er durch humorvolle Videos, in denen er mit jungen Leuten an Zürcher Hotspots plaudert, darunter am Bahnhof Stadelhofen. Nebst seinem Influencer-Dasein führt er die Getränkefirma Vyte, deren Vitamindrinks in der Migros und im Coop verkauft werden. Der Geldregen auf der Chinawiese war Guerilla-Marketing, ein PR-Stunt, um auf sein Getränk aufmerksam zu machen. In einem Video erklärte Gustav später, er habe seiner Community «etwas zurückgeben» wollen.
Im Vorfeld hatte er die Aktion auf Social Media angekündigt, jedoch ohne ein Gesuch bei der Stadtpolizei einzureichen (dieses wäre auch nicht bewilligt worden). Am 5. Dezember 2024 stellte das Zürcher Stadtrichteramt einen Strafbefehl gegen ihn aus. SonntagsBlick konnte den Erlass einsehen. Darin heisst es, «die beschuldigte Person habe den öffentlichen Raum willentlich und wissentlich zu Sonderzwecken genutzt» und für eine «nicht bewilligte Veranstaltung» geworben. Als Strafe muss der Mann, der zuvor freiwillig 24’000 Franken abgeworfen hat, 450 Franken Bussgeld bezahlen. Die Höchststrafe am Stadtrichteramt beträgt 500 Franken. Gustav hat den Strafbefehl akzeptiert, womit dieser rechtskräftig ist.
Das Verfahren zu den Verletzungen des Zwölfjährigen wurde mittlerweile eingestellt. Die Untersuchung zur Täterschaft sei «ergebnislos» verlaufen, teilt die Staatsanwaltschaft auf Anfrage mit. «Weitere Ermittlungsansätze» seien aktuell nicht ersichtlich. Hinweise aus der Bevölkerung nehme man jedoch weiterhin entgegen und sollten sich «sachdienliche Anhaltspunkte» ergeben, werde der Fall erneut aufgerollt.
Aktiv ist hingegen ein Verfahren beim Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl), wie die Behörde bestätigt. Weitere Auskunft wollte das Bazl jedoch nicht geben, weil das Verfahren noch nicht abgeschlossen sei. Vermutlich geht es um den Drohnenflug über eine Menschenmenge, ein verbotenes Manöver, das mit einer Busse geahndet werden kann.
Nicht die erste fragwürdige Werbeaktion
Joung Gustav hat auf Anfragen von Blick nicht reagiert. Schon damals, wenige Tage nach dem Geldregen, wollte er sich gegenüber Journalisten nicht äussern. Stattdessen veröffentlichte der Influencer ein Tiktok-Video, in dem er erklärte, man habe als Start-up nicht viel Geld für teure Plakatwerbung ausgeben wollen. Sein Team habe sich von ähnlichen Aktionen aus dem Ausland inspirieren lassen. Dass ein Junge verletzt wurde, tue ihm «sehr leid» und man wolle dem Kind im privaten Rahmen «etwas Gutes» tun. Blick hätte von Gustav gerne erfahren, was er für den Jungen inzwischen unternommen hat.
Der Geldregen war nicht die erste fragwürdige Werbeaktion von Gustav. Einmal liess er ein Video verbreiten, in dem ein Blitz in den Prime Tower einschlägt. Erst nachdem der Clip fast eine Million Views hatte, machten Gustav und sein Team bekannt, dass es sich um ein Fake handelt. Ein anderes Mal gaukelte er mit einer Drohne ein Ufo über dem Zürichsee vor.
Gustav sagte einst, er wolle, dass die Leute an sein Getränk denken, wenn in Zürich etwas Unerklärliches passiere. Dass er dabei nicht nur moralische Grenzen überschreitet, sondern auch mit dem Gesetz in Konflikt gerät, nimmt der Geschäftsmann offensichtlich in Kauf.