Nach dem Urnengang
Zürcher Regierung wird bürgerlicher

Die Zürcher Regierung ist bürgerlicher und weiblicher geworden. Drei statt zwei Frauen gehören dem neu gewählten Regierungsrat an. Die Grünen sind wieder aus der Regierung verschwunden – und mussten auch im Kantonsrat eine Schlappe hinnehmen.
Publiziert: 12.04.2015 um 08:38 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 05:35 Uhr
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Kurz vor 16 Uhr zeigt die Hochrechnung ein deutliches Bild: Walker Späh (FDP) holt sich den letzten Regierungsrats-Sitz. Martin Graf (Grüne) ist abgewählt.

Mit der Abwahl des grünen Justizdirektors Martin Graf und der Wahl von CVP-Politikerin Silvia Steiner ist die Zürcher Regierung nach rechts gerückt. Zugenommen hat der Frauenanteil: Im Regierungsrat sitzen nun drei Frauen und vier Männer - statt wie bisher zwei Frauen und fünf Männer.

Parteipolitisch setzt sich die Regierung aus je zwei SVP-, FDP- und SP-Sitzen und einem CVP-Sitz zusammen.

Bereits früh zeichnete sich am Sonntag eine problemlose Wiederwahl der vier bisherigen Regierungsräte Thomas Heiniger (FDP), Mario Fehr (SP), Ernst Stocker (SVP) und Markus Kägi (SVP) ab.

Mit dem besten Resultat bestätigt wurde Gesundheitsdirektor Heiniger mit 150'557 Stimmen. Sicherheitsdirektor Fehr kam auf dem zweiten Platz mit 146'307 Stimmen, gefolgt von Volkswirtschaftsdirektor Stocker mit 145'205 und Baudirektor Kägi mit 136'563 Stimmen.

Neu in das siebenköpfige Gremium gewählt wurden Silvia Steiner (CVP) mit 118'477 Stimmen, Carmen Walker Späh (FDP) mit 116'058 und Jacqueline Fehr (SP) mit 115'618 Stimmen. Die Wahlbeteiligung betrug 31,3 Prozent.

Spannende Wahl

Fast bis zum Schluss blieb die Besetzung dieser drei Sitze spannend. Um 16.47 Uhr waren dann alle 183 Gebiete ausgezählt. Der grüne Regierungsrat Martin Graf erreichte zwar mit 109'625 Stimmen das absolute Mehr von 90'888 Stimmen problemlos, schied aber als Überzähliger aus.

Damit ereilte Graf das gleiche Schicksal wie Hans Hollenstein von der CVP: Hollenstein war vor vier Jahren ebenfalls als Überzähliger ausgeschieden - zu Gunsten von Martin Graf. Die CVP hat nun ihren Sitz mit Silvia Steiner zurückerobert.

Graf, Vorsteher der Direktion der Justiz und des Innern, dürfte hauptsächlich über sein ungeschicktes Agieren im Fall des jugendlichen Straftäters «Carlos» gestolpert sein, der wegen einer teuren Sonderbehandlung national für Schlagzeilen gesorgt hat.

Graf räumte am Sonntag ein, seine Kommunikation im Fall «Carlos» sei nicht optimal gewesen. Als entscheidenden Faktor sieht Graf aber den Einbruch im linken Lager.

Zitterpartei für Walker Späh

Ebenfalls bis zum Schluss zittern musste Carmen Walker Späh. Sie belegte in den Hochrechnungen abwechselnd mit Graf den letzten Platz. Mit ihrer Wahl kann die Kantonsrätin nun ihr Verlierer-Image ablegen, das ihr wegen verschiedener parteiinterner Niederlagen anhaftete.

Dass SP-Nationalrätin Jacqueline Fehr die Wahl schliesslich schaffte, dürfte auch ihr eine besondere Genugtuung bringen: Parteiintern hatte sie in den letzten Jahren ebenfalls mehrere Zurückweisungen einstecken müssen

Die grosse Überraschung ist die deutliche Wahl von CVP-Frau Silvia Steiner, war die Staatsanwältin und Kantonsrätin doch nur wenig bekannt. Geholfen haben dürfte ihr eine anonyme Flyer-Aktion, die Steiner frontal angriff. Wer den Flyer in die Haushalte verteilte, ist nicht abschliessend geklärt.

Ebenfalls zu Steiners Gunsten dürfte der Schulterschluss der bürgerlichen Parteien SVP, FDP und CVP gewesen sein, deren Kandidierenden gemeinsam als Top 5 in den Wahlkamp gestiegen waren. Wie Steiner am Sonntag sagte, hat das bürgerliche Ticket funktioniert.

FDP Siegerin der Kantonsratswahlen

Bei den Kantonsratswahlen hat die FDP einen grossen Sieg errungen. Sie hat erstmals nach 20 Jahren ihren Wähleranteil wieder vergrössern können und gewinnt 8 Sitze. Zusammen mit SVP und CVP verfügen die Freisinnigen neu über die absolute Mehrheit im Parlament.

Eine herbe Niederlage haben die ökologischen Kräfte erlitten. Grüne und Grünliberale müssen 6 respektive 5 Mandate abgeben. Damit kommen die Grünen neu auf 13, die Grünliberalen auf 14 Sitze.

Die SVP als stärkste politische Kraft im Kanton hat zwar ihren Wähleranteil auf 30 Prozent leicht steigern können (+0,4 Prozent). Die Kantonsratsfraktion umfasst aber weiterhin 54 Sitze.

Keine Mehrheit für SVP und FDP

Die FDP, die seit 1995 kontinuierlich Anteile verloren hatte, legte um 4,4 Prozentpunkte auf 17,3 Prozent zu. Damit hat sie ihre Verluste von 2011 (-3,1 Prozent) mehr als wett gemacht. Neu stellen die Freisinnigen 31 Kantonsratsmitglieder.

FDP und SVP kommen neu auf 85 Sitze und verpassen damit zwar die Mehrheit im 180-köpfigen Parlament. Zusammen mit der bürgerlichen Partnerin CVP, die ihren Besitzstand wahren konnte (9 Sitze), erreichen sie jedoch eine Mehrheit von 94 Sitzen. Bisher hatten sie zusammen 86 Mandate.

Zweitstärkste Partei bleibt die SP mit einem Wähleranteil von 19,7 Prozent (+0,4). Sie gewinnt damit ein Mandat hinzu und hat neu deren 36 - genau gleich viel wie vor acht Jahren.

Gutes Resultat für AL

Die linke Alternative Liste (AL) konnte ihren Wähleranteil von 1,6 auf 3 Prozent fast verdoppeln. Sie machte zwei Sitzgewinne und erreicht damit erstmals Fraktionsstärke (5). SP, Grüne und AL zusammen kommen damit neu auf 54 Sitze (bisher 57).

Die EVP stellt neu 8 Kantonsratsmandate (+1). Die BDP, die vor vier Jahren gleich mit 6 Mitgliedern ins Parlament eingezogen war, verlor wieder einen Sitz. Die christlich-konservative EDU stellt weiterhin 5 Vertreter.

Die Stimmbeteiligung erreichte mit 32,7 Prozent einen historischen Tiefststand. Vor vier Jahren betrug sie 35,5 Prozent. Die bislang schlechteste Beteiligung gab es 2007 mit 34,0 Prozent. (bau/SDA)

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