Zehn Wochen nach dem Tod des Kirschblüten-Anführers Samuel Widmer (†68) gibt es ein Lebenszeichen der umstrittenen Gemeinschaft in Lüsslingen-Nennigkofen SO.
Der Verlust ihres Gurus scheint die rund 200 Sekten-Mitglieder nicht gespalten zu haben. Laut der «Solothurner Zeitung» tritt mit Ramon Mullis (53) ein Kirschblütler zu den Gemeinderatswahlen vom 21. Mai an – unter der Losung «Neue Freiheit».
«Sehe mich als Brückenbauer»
Mit der neuen Partei, die noch gegründet werden muss, will Mullis der FDP und SP in der Gemeinde Konkurrenz machen. «Ich sehe mich als Brückenbauer», sagt der 53-Jährige zu BLICK.
Der Entscheid für eine Kandidatur sei schon im Herbst gefallen. «Ich wollte mit am Tisch sitzen und dafür sorgen, dass für einmal auch die Gegenargumente gehört werden.»
Delikate Ausgangslage
Die Wahlchancen von Mullis stehen gut – auch wenn es unter den Kirschblütlern wegen des hohen Ausländeranteils nur rund 35 Stimmberechtigte hat. Gemeindepräsident Herbert Schluep (FDP) würde es jedenfalls begrüssen, wenn die Gemeinschaft im Rat vertreten wäre.
Die Ausgangslage aber bleibt delikat. Über die Kirschblütler wurde im Gemeinderat in der vergangenen Amtsperiode immer wieder debattiert. Grund: ein Bauprojekt der Gemeinschaft mit Wohnungen und Gewerberäumen.
Einwohner fürchten Ausbreitung
Viele der Einwohner befürchten, dass die Gemeinschaft stärker wird und sich ausbreitet. Der Gemeinderat war daher stets bestrebt, ihr nicht zu viel Raum zuzugestehen. Mit einem Erfolg von Ramon Mullis am 21. Mai könnte sich das aber ändern.
Unklar ist auch die Situation innerhalb der Sekte. Ein starker spiritueller Anführer ist nach dem Tod von Samuel Widmer nicht in Sicht. Vorerst führt Danièle Nicolet (50), die ältere der beiden Ehefrauen Widmers, die Kirschblüten-Anlässe durch (BLICK berichtete).
Angesprochen auf die ungeklärte Nachfolge des Gurus, bleibt Mullis kryptisch: «Ein erwachsener Mensch verantwortet sich in jedem Moment selber und ist immer sein eigener Anführer.»