Luiza B.* (†34) ging durch die Hölle. Ihr Ehemann Ilir B.* (37) schlug sie immer wieder. Seine Frau holte sich Hilfe, erstattete Anzeige. Der spätere Killer wurde kurzzeitig verhaftet und mit einem Kontakt- und Rayonverbot belegt. Der Gewaltschutz der Kantonspolizei Zürich schaltete sich ein. Luiza B. trennte sich von ihrem Mann, zog mit den vier Kindern in eine Wohnung in Dietikon ZH.
Doch der Horror nahm kein Ende. Ilir B. wollte nicht akzeptieren, dass seine Frau ihn verlassen hatte. Am Montag dreht der Nordmazedonier völlig durch. Er lauert seiner Frau auf, sticht zu und «schlachtet sie regelrecht ab» (BLICK berichtete).
Dübendorf ZH, Zürich-Wiedikon, Brugg AG – und jetzt Dietikon ZH: Immer waren die Täter der Polizei als gewalttätig bekannt. Doch die Opfer konnten nicht geschützt werden. Trotz aller Massnahmen.
Schwere Vorwürfe gegen die Polizei
Susan A. Peter, Präsidentin der Dachorganisation der Schweizer Frauenhäuser, macht den Behörden schwere Vorwürfe. Für sie ist klar: «Die Polizei versagt zu oft in solchen Situationen. Opfer werden in der Schweiz im Stich gelassen.» Besonders der jetzige Fall zeige es deutlich. «Es ist alarmierend, dass der Mann vor der Tat auffällig wurde und die Polizei mehrmals eingreifen musste.»
Auch die Kommunikation der Kantonspolizei Zürich macht Peter wütend. Die Beamten schrieben nämlich, dass Luiza B.* wegen der häuslichen Gewalt zweimal eine Einladung zum Gespräch mit den Fachleuten ablehnte.
Für die Frauenhaus-Chefin ein Skandal: «Damit wird der Frau eine Mitschuld an ihrem Tod gegeben. Vielmehr sollte sich die Polizei fragen, ob sie mit der nötigen Konsequenz gehandelt hat und versuchte, die Frau zu schützen.» Die Kantonspolizei Zürich wollte sich dazu nicht äussern.
Unsensible und schroffe Beamte
Dass den Frauen eine Mitschuld gegeben wird, erlebt Peter immer wieder. «Es gibt viele Frauen in den Frauenhäusern, die sich von den Behörden nicht ernst genommen fühlen.» Polizisten würden zum Beispiel unpassende Bemerkungen, den Frauen Vorwürfe machen.
«Da fallen dann Sprüche wie: ‹Jetzt müssen wir ja schon wieder kommen. Beim nächsten Mal sind Sie aber getrennt›», so Peter. Und nicht in allen Fällen sprechen die Frauen gut Deutsch. Trotzdem wird kein Dolmetscher hinzugezogen. «Das ist respektlos», sagt Peter.
Damit so etwas nicht mehr vorkommt, fordert die Frauenhaus-Chefin Schulungen und Sensibilisierungen von Polizisten. Und mehr Aufklärung. Denn: «Viele Frauen wissen gar nicht, dass es so etwas wie ein Frauenhaus gibt. Polizisten müssen darauf aufmerksam machen.» Auch auf die Tatsache, dass die Frauen 21 Tage lang dort bleiben können, ohne etwas zu zahlen. Das übernehme die Opferhilfe.
Immer noch sind Frauenhäuser Mangelware
Auch von der Politik wünscht sich Peter mehr Aufmerksamkeit. «Bisher wurde zum Beispiel verpennt, genügend Plätze in Frauenhäusern zur Verfügung zu stellen. Es fehlt an der Finanzierung. Manche Kantone haben sogar überhaupt keine Frauenhäuser. Das muss sich ändern», klagt sie an.
Immerhin: Die Politik hat einen ersten Schritt getan. Erst kürzlich verabschiedete das Parlament eine Verschärfung der Gesetze, um Opfer besser vor häuslicher Gewalt und Stalking zu schützen.
Fussfessel bei Rayonverbot
«So gibt es etwa die Möglichkeit, dass Täter eine Fussfessel tragen müssen. Dann muss das Opfer nicht selber den Beweis erbringen, wenn gegen ein Rayonverbot verstossen wird», erklärt Natalie Schneiter von der Berner Beratungsstelle für Häusliche Gewalt und Stalking.
Ob diese Massnahme aber mehr Frauen das Leben retten wird, glaubt die Frauenhaus-Chefin nicht. Peter: «Das Armband und die Fussfessel nützen dem Opfer nichts, wenn sie in Gefahr sind.»
*Namen der Redaktion bekannt
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