Nach 36 Jahren ist Sendeschluss bei «Vis-à-vis»
Hier wurde geredet, nicht geplappert

Eine kleine, aber feine TV-Institution geht in Rente: Am Sonntag gibts zum letzten Mal «Vis-à-vis» mit Frank A. Meyer. Über 300 Prominente hatte der SonntagsBlick-Kolumnist als Gäste in seiner Sendung. Zum Abschluss gibts ein Gespräch in eigener Sache.
Publiziert: 09.12.2016 um 23:52 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 16:07 Uhr
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Alt-Kanzler Gerhard Schröder war mehrmals da.
Foto: Antje Berghaeuser
Andreas Dietrich

Fast genau vor 36 Jahren lief «Vis-à-vis» zum ersten Mal über den TV-Sender. 36 Jahre! Eine Ewigkeit im schnelllebigen Mediengeschäft. SonntagsBlick-Kolumnist Frank A. Meyer (72) lud in dieser Zeit über 300 prominente Gäste ins Studio ein. Der erste war im November 1980 der damalige Divisionär Gustav Däniker, der letzte Schauspielerin Marina Gedeck. Dazwischen sassen ihm alle gegenüber, die vorab im deutschsprachigen Raum etwas – überdies Interessantes – zu sagen haben: Bundesräte, Bundeskanzler, Schriftsteller, Firmenchefs, Philosophen, Künstler. Darunter Helmut Kohl, Gerhard Schröder oder Angela Merkel, auf die Meyer setzte, bevor sie Kanzlerin wurde. Oder intellektuelle Schwergewichte wie Peter Sloterdijk, Hans Magnus Enzensberger und mehrmals Schriftsteller Martin Walser, zu dem sich eine Freundschaft entwickelte. 

«Vis-à-vis» war keine Talkshow – es wurde weder gequasselt, noch eine Show abgezogen. Nicht Interview-Fragen wurden abgearbeitet, sondern Gespräche geführt. Meyer moderierte nicht, er verstand sich als Gastgeber, der sich auf sein Gegenüber einliess und sich selber einbrachte. «Es war immer eine menschliche Begegnung», sagt er. 

So schlicht in der Anlage und geistig anregend die Sendungen waren, es gab auch hoch emotionale Momente. Meyer erinnert sich, wie ihm und Gesprächspartner Hans Hürlimann vor laufender Kamera die Tränen kamen, als der damalige Bundesrat 1981 über den Krebstod seines Sohnes Matthias sprach. Anfang der 1990er-Jahre wurde gar eine Sendung abgebrochen: Eine russische Studentin berichtete derart bewegt über die Endzeit der Sowjetunion, dass sie und Meyer von den Gefühlen überwältigt wurden.

Diesen Sonntag strahlt 3sat die letzte Sendung aus (13.25 Uhr). Der Gastgeber ist selber Gast: Frank A. Meyer wird befragt von Christoph Schwennicke, Chefredaktor des Berliner Politikmagazins «Cicero».

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