Mutter verging sich jahrelang an ihrem Sohn
War wirklich der Guru schuld?

Sektenspezialist Georg Otto Schmid über die Ausrede der Inzest-Mutter Sonja G.* von St. Gallen.
Publiziert: 21.08.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 21:43 Uhr
Ein Sex-Guru soll die Frau zum Missbrauch an ihrem Sohn angestiftet haben (Symbolbild).
Foto: Natasha Sioss
Christian Maurer

Bloss 22 Monate Gefängnis und eine Therapie – so moderat fiel am Mittwoch das Urteil für eine Mutter aus, die ihren Sohn (heute 13) über Jahre sexuell missbraucht hatte.

Sie sei ihrem Guru hörig gewesen und habe keine Grenzen mehr erkannt, sagte die 47-jährige Sonja G.* letzte Woche vor dem St. Galler Kreisgericht. Man glaubte ihr, was die milde Strafe zumindest ­teilweise erklärt.

Bei dem Guru soll es sich um den Inder Gurmit Singh handeln, auch Prem genannt, wie am Gericht zu hören war. Doch was hat es mit diesem Mann auf sich? SonntagsBlick hat nachgefragt, und zwar beim Religions- und Sektenexperten Georg Otto Schmid. «Ein Mann mit diesem Namen ist bei uns als Beteiligter an einem Anschlag in Wien verzeichnet, aber es ist unwahrscheinlich, dass es der gleiche ist. Der Name ist unter Sikhs sehr verbreitet.»

Sektenspezialist Georg Otto Schmid über die Ausrede der Inzest-Mutter von St. Gallen.
Foto: zVg

Dass Gurus von ihren Anhängern Sex verlangen, verweist er ins Reich der Legenden. «Richtige indische Meister predigen Askese», sagt der Leiter der evangelischen Informationsstelle für Kirchen, Sekten und Religionen. «Seine Jünger zu Sex anhalten steht da nicht auf dem Programm. Eher das Gegenteil.» Dass ein echter indischer Guru hinter dem Wunsch der Mutter stand, mit ihrem Sohn ein Kind zu zeugen, kann sich der Sektenspezialist nicht vorstellen.

Schmid vermutet darum, dass es sich bei dem Guru der Inzest-Mutter eher um einen Scharlatan gehandelt haben könnte, einen Strassen-Guru, der fremde Menschen anspricht und um den Finger wickelt. «Den charmanteren Typen und den guten Menschenkennern gelingt es manchmal, Anhängerinnen und Anhänger zu gewinnen, woraus sich eine jahrelange Bindung entwickeln kann.»

Sonja G. scheint auf eine solche Figur hereingefallen zu sein. «In der Vergangenheit haben wir schon von solchen Klein-Gurus gehört, die recht abstruse Lehren und Praktiken vertraten», sagt Schmid. «Aber mir ist kein Fall erinnerlich, welcher Inzest von Mutter und Sohn beinhaltet hätte.»

Sonja G. hat ihre Taten vor Gericht bereut und macht eine Therapie. Von der Sekte ihres Gurus hat sie sich losgesagt.

Ihr Sohn Luca ist fremdplatziert und wird ebenfalls betreut.

*Name der Redaktion bekannt

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