Mutter des LKW-Chauffeurs (19), der den kleinen Lazar (†10) totgefahren hat
«Ivan ist am Boden zerstört»

Am Dienstag starb der kleine Lazar (†10) in Effretikon ZH. Der Bub wurde auf einem Fussgängerstreifen von einem Lastwagen erfasst. Am Steuer: Ivan L. (19). Nun spricht die Mutter des LKW-Fahrers.
Publiziert: 07.12.2018 um 02:37 Uhr
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Aktualisiert: 07.12.2018 um 11:13 Uhr
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Ivan L. steuerte auch in der Armee Lastwagen: Nach dem tödlichen Unfall ist er am Boden zerstört.
Foto: zvg
Michael Sahli und Ralph Donghi

Es ist dieser verfluchte tote Winkel bei LKW, der immer wieder für schreckliche Unfälle sorgt. Eine kleine Unachtsamkeit, ein fataler Augenblick, der über Leben und Tod entscheiden kann. So auch am Dienstag in Effretikon ZH. Unweit eines Kreisels an der Illnauerstrasse überqueren Lazar Peric (†10) und sein grosser Bruder (12) auf ihren Trottinetts den Fussgängerstreifen. Im gleichen Moment ist Ivan L.* (19) aus Glattbrugg ZH mit seinem LKW unterwegs. Der Chauffeur übersieht das Brüderpaar, der tonnenschwere Lastwagen erfasst den kleinen Lazar. Der Junge hat keine Chance und stirbt noch auf der Unfallstelle – in den Armen seines herbeigeeilten Vaters (BLICK berichtete). Die Familie ist am Ende. 

Nur 15 Kilometer entfernt ist die Stimmungslage ähnlich. Hier, in Glattbrugg ZH, wohnt Unfallverursacher Ivan L. mit seinen Eltern. Sie wissen: Ihr Sohn muss für den Rest seines Lebens mit der Schuld leben. Seine Mutter sagt unter Tränen zu BLICK: «Ivan ist am Boden zerstört. Es geht ihm sehr, sehr schlecht.» Leise sagt sie im Namen der Familie: «Es tut uns so unglaublich leid.»

LKW-Chauffeur wird von Geistlichem betreut

Die Mutter kann sich in die Gefühlswelt der trauernden Eltern reinversetzen: «Für mich als Mutter war es immer die absolute Horrorvorstellung, dass eines der Kinder nicht mehr lebend nach Hause kommen könnte. Ich kann den Schmerz von Lazars Familie nachfühlen.»

Immer wieder wird sie von Weinkrämpfen geschüttelt, sie hält sich die Hände vors Gesicht und schluchzt: «Wenn es die Familie von Lazar wünscht, würden wir gerne Kontakt mir ihnen aufnehmen.» Sie schnappt nach Luft, pustet durch und fragt: «Aber was sollen wir denen nur sagen? Was sagt man in so einem Fall?»

«Ich weiss nicht, ob er je wieder einen Lastwagen fährt»
3:07
Drama in Effretikon ZH:«Ich weiss nicht, ob er je wieder einen Lastwagen fährt»

Ivan L. wurde gestern von einem Geistlichen betreut. Die Tragödie hat deutliche Spuren bei ihm hinterlassen. Er sucht Trost beim Priester, auch physisch. Der Seelsorger nimmt den LKW-Fahrer in die Arme. 

LKW fahren war sein Jugendtraum

Seine Mutter dazu: «Am Tag nach dem Unfall wirkte Ivan noch einigermassen gefasst. Es gab auch viel zu erledigen. Dauernd klingelte das Telefon. Das lenkte ihn noch ein wenig ab. Aber jetzt ist er ganz, ganz unten.»

Ob ihr Sohn je wieder in der Lage sein wird, einen LKW zu lenken, ist fraglich. «Dabei war das schon immer sein Traumjob. Schon als Kind haben seine Augen richtig gestrahlt, wenn er einen Lastwagen sah. Er wollte nie etwas anderes machen.» Ihr Sohn sei immer ein Sonnenschein gewesen, überall beliebt: In der Lehre bei einem grossen Detailhändler und auch später in der Rekrutenschule. 

Die Mutter geht davon aus, dass Ivan das Todesdrama alleine nicht verarbeiten kann: «Ich denke, er wird wohl betreut werden müssen.» Zum Schluss äussert sie eine letzte Bitte: «Schreiben Sie, dass wir der Familie des Jungen unser tiefstes Beileid aussprechen.»

*Name geändert

Sind Zebrastreifen zu nahe beim Kreisel?

Von Dominique Rais

Tiefe Trauer in Effretikon: Schulbub Lazar Peric († 10) wird am Dienstag von einem Lastwagen überrollt. Am Steuer: Ein 19-jähriger Camion-Chauffeur. Er fuhr aus dem wenige Meter entfernten Kreisel, als Lazar und sein Bruder Milos (12) mit ihren Trottinetts den Fussgängerstreifen überqueren. «Die Buben waren wohl im toten Winkel. Da haben Chauffeure keine Chance», sagt Wolfgang Krückels (55), Ausbilder von Lastwagen-Chauffeuren bei der Emil Egger AG, zu BLICK. Auch Lazar wurde übersehen, er stirbt noch an der Unfallstelle. Die Tragödie hätte wohl ­vermieden werden können. Ein Zebrastreifen direkt an einem Kreisel ist laut Krückels äusserst ungeschickt: «Das birgt ein grosses Risiko!» Mit speziellen LKW-Kameras könne der tote Winkel aber aufgehoben werden. Einzig: Die Aufrüstung ist teuer. Kosten: 3000 bis 5000 Franken pro Kamera. Krückels fühlt mit allen Betei­ligten mit: «Es gibt nichts Schlimmeres. Ich könnte nach so einer Tragödie nie mehr fahren.» Der Chauffeur weiss um die Schwierigkeiten als Lastwagen-Fahrer im Strassenverkehr. Vor allem Fussgänger seien häufig in Gefahr. «Sie rennen oft über die Strasse, ohne zu schauen. Ihnen ist nicht klar, dass ein Lastwagen nicht so schnell halten kann.» Lazar und Milos waren mit Trottinetts unterwegs – gefährlich. Die Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) rät bei Kindern von «Trottinetts als alltägliches Verkehrsmittel» ab, so Sprecher Marc Kipfer. Da diese vor allem auf dem Trottoir benutzt werden, empfänden Kindern eine «Schein­sicherheit».

Von Dominique Rais

Tiefe Trauer in Effretikon: Schulbub Lazar Peric († 10) wird am Dienstag von einem Lastwagen überrollt. Am Steuer: Ein 19-jähriger Camion-Chauffeur. Er fuhr aus dem wenige Meter entfernten Kreisel, als Lazar und sein Bruder Milos (12) mit ihren Trottinetts den Fussgängerstreifen überqueren. «Die Buben waren wohl im toten Winkel. Da haben Chauffeure keine Chance», sagt Wolfgang Krückels (55), Ausbilder von Lastwagen-Chauffeuren bei der Emil Egger AG, zu BLICK. Auch Lazar wurde übersehen, er stirbt noch an der Unfallstelle. Die Tragödie hätte wohl ­vermieden werden können. Ein Zebrastreifen direkt an einem Kreisel ist laut Krückels äusserst ungeschickt: «Das birgt ein grosses Risiko!» Mit speziellen LKW-Kameras könne der tote Winkel aber aufgehoben werden. Einzig: Die Aufrüstung ist teuer. Kosten: 3000 bis 5000 Franken pro Kamera. Krückels fühlt mit allen Betei­ligten mit: «Es gibt nichts Schlimmeres. Ich könnte nach so einer Tragödie nie mehr fahren.» Der Chauffeur weiss um die Schwierigkeiten als Lastwagen-Fahrer im Strassenverkehr. Vor allem Fussgänger seien häufig in Gefahr. «Sie rennen oft über die Strasse, ohne zu schauen. Ihnen ist nicht klar, dass ein Lastwagen nicht so schnell halten kann.» Lazar und Milos waren mit Trottinetts unterwegs – gefährlich. Die Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) rät bei Kindern von «Trottinetts als alltägliches Verkehrsmittel» ab, so Sprecher Marc Kipfer. Da diese vor allem auf dem Trottoir benutzt werden, empfänden Kindern eine «Schein­sicherheit».

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