Museum der Kulturen Basel
Hier wird die Lebendigkeit der Dinge beleuchtet

Wenn Berge, Flüsse, Bäume und Tiere zu ebenbürdigen Wesen werden: Mit der Ausstellung «Alles lebt - mehr als menschliche Welten» hinterfragt das Museum der Kulturen Basel in einer ethnologischen Reise durch viele Kulturen die menschenzentrierte Weltsicht.
Publiziert: 06.09.2023 um 13:06 Uhr
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Inspiriert von einem Tagebucheintrag Bruno Mansers: ein geknüpfter Urwaldriese im Museum der Kulturen Basel.
Foto: Dominique Spirgi/Keystone

Am Beginn des Ausstellungsrundgangs wächst aus einem weissen Podest ein rund einen Meter achtzig hoher Baumstamm heraus, dessen Oberfläche die Spuren schlichter Schnitzereien trägt. 1940 ist er als Schenkung von Lucas Staehelin ins Museum gelangt, wo er nun zum letzten Mal zu sehen ist.

Es handelt sich um einen «thulu», der für die Kamilaroi-Gemeinschaft in Australien weit mehr als ein Bau ist, wie Museumsdirektorin Anna Schmid am Mittwoch an einer Medienführung sagte. Er sei vielmehr ein Vorfahre, ein Familienmitglied, das als Museumsobjekt kaltgestellt worden sei, wie Mitglieder der Gemeinschaft bemerkt hätten, als die von diesem «thulu» in der Basler Museumssammlung erfuhren.

Auf einem Bildschirm ist zu sehen, wie der Baum von Gemeinschaftsmitgliedern in einer feierlichen Zeremonie im Museumsdepot wieder wachgerufen wurde. Nach der Ausstellung wird er zurück ins Land der Ahmen gebracht werden.

Das ist ein Beispiel von Dingen, seien es nun Pflanzen, Berge, Flüsse, Tiere und weiteres mehr, die in den unterschiedlichsten Kulturen nicht als Objekt, sondern als dem Menschen gegenüber gleichberechtigtes Subjekt gesehen werden. Mit 165 Sammlungsstücken und Bildern zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler beleuchtet das Museum diese Weltbetrachtungen in Kulturen aus Australien, Asien, Afrika und Europa bis nach Südamerika.

Das Museum konnte dabei auf seine reichhaltigen Sammlungsschätze zurückgreifen. Zu sehen sind Altäre, Opfergaben, Figuren, Schlitztrommeln, Schamanenschemel oder Bildserien, die mit Darstellungen der lebendigen Natur oder von Geisterwesen unsere anthropozentrisches Weltbild aufbrechen.

So sei zum Beispiel der Wald im indigenen Verständnis im südamerikanischen Tiefland ein lebendiges Wesen mit eigenem Körper, sagte Ausstellungskuratorin Ursula Regehr. Dieses Wesen ist durch wirtschaftliche Profitgier in grosse Gefahr geraten.

Dasselbe Bild lässt sich auch auf Borneo anwenden, wo der Basler Umweltaktivist Bruno Manser gegen die Zerstörung des Walds kämpfte. Zu ersten Mal zeigt das Museum der Kulturen im Rahmen der aktuellen Ausstellung die Tagebuchseiten, in denen Manser den Alltag der Penan in Worten und Zeichnungen festhielt. Das Museum konnte die Bücher Anfang 2021 als Schenkung der Erbengemeinschaft entgegennehmen.

Inspiriert von Mansers Zeichnungen hat das Basler Institut für Textiles Forschen einen geflochtenen Urwaldriesen geschaffen. Besucherinnen und Besucher sind eingeladen, an der ebenso mächtigen wie filigranen Baumskulptur weiter zu knüpfen. (SDA)

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